Wah Wah Wahnsinn

Zisch, Zerr, Blubber, Halllllllllllll, Echo... cho... ho... o
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MonacoFranke
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Wah Wah Wahnsinn

Beitrag von MonacoFranke » Montag 5. Januar 2015, 20:52

Schönen guten Abend,

ich habe ja schon einmal in einem früheren Forum (leider ist mir der Name entfallen ;) ) angekündigt, ein paar Wah Wahs vorzustellen.

Den Anfang macht ein Maestro Boomerang Wah Modell BG-2, vermutlich aus den frühen 70er Jahren:

Bild

Auf der Rückseite steht zu lesen: "PRODUCT OF GIBSON INC., LINCOLNWOOD, ILL."

Die erste Serie des Maestro Boomerang Wah (BG-1 "wow-wow") startete 1967. 1968 übernahm Gibson die Produktion des Nachfolgemodells BG-2, wie es hier zu sehen ist. Mit der zweiten Serie kam auch der Volumeeffekt dazu. Die Produktion des Boomerang endete um 1976 (Quelle: Joe Gagan, der sich intensiv mit diesem Wah befasst hat).

Das Boomerang Wah hat eine interessante Form (s. Foto), es ist nicht so kantig, sondern eher geschwungen, sozusagen der Citroen DS unter den Wah Wahs. Innen arbeitet eine schwarze EL-RAD 500mh Spule, die anderen Bauteile sind leider nicht (ohne Weiteres) zu identifizieren. Insgesamt schaut es aber sehr aufgeräumt aus, die Technik nimmt gerade mal ca. die Hälfte des Gehäuses in Anspruch. Da ist noch viel Luft drin.

Ungewöhnlich für mich sitzt der Instrumenteneingang seitlich links und der Ampausgang seitlich rechts, also im Vergleich zu Vox und Cry Baby genau umgekehrt. Und eigentlich unlogisch (oder für mich ungewohnt), da ich meine Effekte - beginnend mit Octafuzz oder Wah - von rechts nach links anordne. Das Gehäuse ist relativ leicht, im Vergleich zum Vox etwa nur 2/3.

Jetzt zur Praxis:
Das Wah funktioniert im Stand-By-Modus als Volumepedal. Voll (nach vorne) durchgetreten boostet es das Signal sogar etwas. Manche mögen allein diesen Effekt, Zitat: "It doesn't go into overdrive but it just makes what your playing sound meatier with more presence.". Dennoch hat sich das Wah offenbar wegen dieser kombinierten Volumefunktion letztlich nicht dauerhaft etabliert. Seine Produktion wurde 1976 eingestellt.

Eingeschalten wird der Wah-Effekt wie bei den meisten anderen über einen Druck auf den Schalter unterhalb der Vorderseite der Wippe. Der Regelweg ist vergleichsweise kurz, hinten das tiefere und vorne das höhere Frequenzspektrum. Der Sound ist etwas dunkler, wärmer als man das von Vox oder Cry Baby gewohnt ist. Es betont deutlicher die tieferen Mitten. In der Lautsprache könnte man auch sagen: Es hat etwas mehr "Growl".


Prominente Beispiele für das Maestro Boomerang Wah sind:


Polk Salad Annie und vieles andere von Tony Joe White, wie zB hier live gut zu hören:

[youtube]http://youtu.be/pzYbsrJT-j4[/youtube]


Theme from Shaft vom Soundtrack (Charles 'Skip' Pitts)

[youtube]http://youtu.be/pFlsufZj9Fg[/youtube]


Crazy Mama von J.J. Cale

[youtube]http://youtu.be/lcY5SQECqks[/youtube]


Diese Ausschnitte vermitteln einen recht guten Eindruck vom Sound dieses Wahs.

Beste Grüße
Frank
Zuletzt geändert von MonacoFranke am Dienstag 6. Januar 2015, 17:03, insgesamt 8-mal geändert.
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Magman
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Re: Wah Wah Wahnsinn

Beitrag von Magman » Montag 5. Januar 2015, 21:07

Frank vielen Dank für diesen interessanten Thread, da freue ich mich schon drauf und lese gespannt mit :thumbs:
Bild
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Re: Wah Wah Wahnsinn

Beitrag von Diet » Montag 5. Januar 2015, 22:57

Hi Frank,

auch von mir vielen Dank!
Seeehr interessant!


Gruß Diet

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Re: Wah Wah Wahnsinn

Beitrag von MonacoFranke » Dienstag 6. Januar 2015, 16:22

Danke für das postitive Feedback. Ich werde die Vorstellung noch etwas mit Fakten anreichern. Aber irgendwie wollte ich endlich mal einen Anfang machen, sonst wird das ja nichts. Umso mehr freut es mich, wenn Euch der Thread gefällt.

Selbstverständlich ist jeder herzlich eingeladen, auch eigene Wahs hier vorzustellen, ich bin immer neugierig, was es noch so gibt oder was anderen gefällt.

Beste Grüße und einen schönen (Feier)tag (zumindest hier im Süden :) )
Frank
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Ferdi

Re: Wah Wah Wahnsinn

Beitrag von Ferdi » Donnerstag 8. Januar 2015, 13:51

MonacoFranke hat geschrieben: Selbstverständlich ist jeder herzlich eingeladen, auch eigene Wahs hier vorzustellen, ich bin immer neugierig, was es noch so gibt oder was anderen gefällt.
Yo, also ich hatte schon viele Wahs, mein erstes VOX habe ich über Jahre mit Teilen von Castledine (http://www.wah-wah.co.uk) modifiziert, irgendwann kam dann mein erstens Teese-Wah, das RMC3. Dazu kam ein RMC4, das RMC3 bekam irgendwann die Ritter-Fußplatte (automatisches Einschalten durch Auflegen des Fußes), ging aber irgendwann (es war kein FL und alle Einstellmöglichkeiten waren im Inneren verborgen), ein Fulltone Clyde Deluxe konnte nicht überzeugen, und irgendwann habe ich ein RMC8 bestellt.

Bild


Das ist quasi ein RMC4 (mega-vintage) mit zusätzlichem, separat schaltbaren 5-band Equalizer. Das habe ich auf dem Band-Board. Ich benutze meist den puren Sound (EQ off), vor allem bei einer Nummer brauche ich aber einen wah-Sound, der untenrum megafett ist, da schalte ich dann den EQ dazu. Das RMC8 ist mein bestes Wah bis jetzt. das ebenso gute, aber weniger vielseitige RMC4 ist auf dem kleinen Board für zu Hause und so.

http://www.realmccoycustom.com/RMC8.htm

Nicht alle Wahs können gut mit anderen Effekten, insbesondere Fuzz-Pedale sind kritisch. Mit den Teese-Wahs kein Problem. Ich empfehle die ohne Einschränkung.

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Magman
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Re: Wah Wah Wahnsinn

Beitrag von Magman » Donnerstag 8. Januar 2015, 15:36

Ich habe viele Wahs durch und mein Liebling ist ein George Dennis GD30, das orangene der Serie. Ich habe alle George Dennis Wahs durch und fand sie durch die Bank alle super.

Nicht desto trotz wollte ich es wissen und hab mir dann ein Real McCoy Custom RMC3FL zugelegt. Wowww, also wer damit nicht genau seinen Sound findet weiß ich es auch nicht mehr. Das ist wirklich DAS Megawah! Aber es ist schwerer als ich erwartet hatte und das wird auch der Grund sein weshalb ich es wieder veräußern werde und weiterhin mein Lieblings-Wah das GD30 spiele :thumbs:

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Re: Wah Wah Wahnsinn

Beitrag von MonacoFranke » Sonntag 18. Januar 2015, 17:48

Hallo zusammen,

ich möchte in den nächsten Wochen hier zwei Pedale vorstellen, die eng mit dem Namen Clyde McCoy verknüpft sind.

Clyde McCoy war ein amerikanischer Trompeter und Bandleader aus Kentucky. Er spielte mit seiner Kapelle Swing und Jazz und entwickelte in den 1920er Jahren auf seiner Trompete einen Wah Wah Effekt. Er hat dies aber nicht elektronisch, sondern mechanisch mit einem sogenannten Dämpfer gemacht. Gut zu hören ist das hier:


[youtube]http://youtu.be/SjemjB3kgAM[/youtube]



Nach ihm wurde das erste (serienmäßige) Wah Wah Pedal benannt, das Vox Clyde McCoy V848. Sein Name wurde lediglich für Werbezwecke genutzt, er selbst hatte nichts mit der Entwicklung des Wah Wah Pedals zu tun. Der Prototyp beruhte auf einer zufälligen Entdeckung von Brad Plunkett und Less Kushner, die 1966 bei Warwick Electronics/Thomas Organ Company beschäftigt waren. Warwick hatte zuvor die Rechte an Vox erworben und die Technikabteilung arbeitete an einem (im Vergleich zu der herkömmlichen Röhrentechnik) günstiger zu produzierenden Transistorverstärker. Plunkett ersetzte den von Vox im Super Beatle Amp verwendeten Mid-Range-Boost (MRB) durch eine preiswertere Transistorenschaltung. Während der MRB mit einem Drei-Wege-Schalter Einstellungen der Mitten von Hi bis Low ermöglichte, verwendete Plunkett stattdessen ein Potentiometer. Durch die Veränderung entstand ein stufenloser Effekt, der die Frequenzen im Mittenspektrum veränderte. Zunächst experimentierten sie mit einem Saxophon. Daraus entstand die Idee, die neue Schaltung für Blasinstrumente zu verwenden, und so wiederum kam Clyde McCoy ins Spiel. Mit einer 9-Volt-Batterie und dem Gehäuse eines Volumenpedals war das erste Wah Wah Bodenpedal geboren.

Es dauerte jedoch nicht lange, bis Vox das Pedal mit dem Konterfei von Clyde McCoy auf der Bodenplatte für Gitarristen vermarktete. Das war Anfang 1967.

Und kurz darauf erschienen diese beiden Songs:


[youtube]http://youtu.be/U7dEmKMQ8_g[/youtube]


[youtube]http://youtu.be/TvtZuhv0Mzs[/youtube]


:D
Zuletzt geändert von MonacoFranke am Samstag 21. Februar 2015, 19:39, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Wah Wah Wahnsinn

Beitrag von MonacoFranke » Sonntag 25. Januar 2015, 17:18

Hallo zusammen,

hier nun ein erster Ausblick auf die drei Wah-Pedale, die ich in der nächsten Zeit im Einzelnen hier vorstellen möchte:

Bild


In der Reihenfolge von links nach rechts sind dies:

1) The Clyde McCoy Wah-Wah Pedal Vox V848 (2006)

2) Clyde McCoy Dunlop Cry Baby Model CM95 (2014)

3) Vox Wah Wah V846 (Ende 1960er)

Auch wenn das alte End-60er-Wah einige Modifikationen hat über sich ergehen lassen, möchte ich einfach einmal testen, ob die neueren Reissues da klangmäßig mithalten können. Zumindest das Herzstück, die Spulen, sind alle noch original. Außerdem wäre es ja schick, wenn man künftig für Auftritte eine etwas günstigere Alternative auf dem Pedalboard hätte, ohne beim Sound Einbußen hinnehmen zu müssen.

... to be continued ... :D

Beste Grüße
Frank
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Re: Wah Wah Wahnsinn

Beitrag von MonacoFranke » Samstag 21. Februar 2015, 14:05

So, nach einer kleinen Spielpause möchte ich heute meinen Vergleichstest fortführen und beginne mit dem

The Clyde McCoy Wah-Wah Pedal Vox V848:

Bild



Es handelt sich um eine Replika des Vox V848 aus den 2000er Jahren. Die Platine weist das Datum 2002 aus, es wurde meines Wissens um 2006 eingestellt. Es ist das schwerste von den dreien und wirkt insgesamt sehr wertig. Im Inneren arbeitet eine rote Fasel-Spule, ein Dunlop-Poti (mit schwarzer Kunststoffkappe) und ein Dunlop-Schalter mit dem Kürzel ("5F3"). Es hat kein "True Bypass", sondern einen Buffer (dafür offenbar den dritten Transistor). Gut zu sehen sind die beiden frei verdrahteten Buchsen für Instrumenteneingang bzw. Verstärkerausgang. Der Anschluss für ein externes Netzteil (9 Volt) ist dagegen auf der Platine angelötet. Das Gewicht kommt von dem massiven Gehäuse.

Schön zu sehen ist die Replika eines McCoy-Picture Wahs mit dem Abbild des Trompeters auf der Bodenplatte. Die ersten und originalen Vox Wahs der 60er (1967) werden deshalb heute auch als Picture Wahs bezeichnet und sind gesuchte und teuer gehandelte Sammlerstücke:

Bild


Zum Sound: Es ist nicht so aufdringlich wie die Cry Baby's, die ich selbst seit den 80er Jahren gespielt habe. Keine harrschen oder schrillen Töne, sondern ein ausgeprägtes Mittenspektrum. Der Grundton der Gitarre bleibt erhalten (hier zeigt sich aus meiner Sicht eine ganz wesentliche Qualität eines Wah Wahs). Den Regelweg würde ich als mittellang bezeichnen (im Vergleich: Das Dunlop, zu dem ich später noch komme, hat einen längeren Regelweg). Gummipuffer dämpfen den Tritt nach vorne ab, so dass der Schalter zum Umschalten einen gewissen Kick mit den Fußballen benötigt.

Insgesamt ist es ein ordentliches Wah, das vor allem für die bekannten Vintageklänge geeignet ist. Im Netz habe ich auch noch einen interessanten Vergleichstest gefunden:

http://www.guitarplayer.com/miscellaneo ... ccoy/21211


Allen drei Wahs ist interessanterweise ein kleiner Volumenschwund anzumerken, wobei ich nicht sagen würde, dass sie mit dem Einschalten des Wah-Effekts leiser werden. Vielmehr verliert der Ton etwas an Volumen (= Fülle). Ich erkläre mir das damit, dass die Schaltung - wunschgemäß - einige Frequenzen betont und andere absenkt. Bei einem voluminösen Grundton (hier Fender Stratocaster in Tone King Imperial) muss es damit zu einer "Tonselektion" kommen.

Das V848 Reissue von Vox ist nur noch gebraucht um die 120 Euro erhältlich.
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Re: Wah Wah Wahnsinn

Beitrag von MonacoFranke » Samstag 21. Februar 2015, 22:08

Noch ein kleiner Nachtrag zur Geschichte:

Del Casher war ein erfinderischer Gitarrist, der ab den späten 50er Jahren nach neuen Gitarrensounds suchte. Er experimentierte z.B. mit dem ersten transportablen Tap Echo. Del Casher wurde 1966 von Warwick angeheuert und kam so in Kontakt mit dem neuen Wah Sound in der technischen Abteilung von Thomas Organ/Vox:

[youtube]http://youtu.be/kqBjVGphVH0[/youtube]

Del Casher nahm im Dezember 1966 erste Demos mit dem neuen Vox Wah Wah auf. 1967 erzählte er seinem Freund Frank Zappa von dem Wah Wah Pedal, das Vox gerade auf den Markt gebracht hatte. Frank Zappa fand ein Vox Clyde McCoy Wah aus der ersten italienischen Serie in der Abteilung für Blasinstrumente in Manny’s Music in New York.

Kurz darauf zeigte Frank das Pedal Jimi Hendrix. Anfang Juli 1967 kaufte Jimi Hendrix sein erstes Wah Wah ebenfalls bei Manny’s Music und setzte es zunächst bei den Aufnahmen zu Burning of The Midnight Lamp ein. Etwa zur selben Zeit machte Eric Clapton in New York eine Auszeit von den Cream-Aufnahmen zu Disraeli Gear. Wie es der Zufall will erzählte ihm ein Verkäufer von Manny’s Music, dass Zappa und Hendrix gerade eines dieser neuen Wah Wah Pedale gekauft hätten. Das war für Clapton Grund genug, sich auch eines zu kaufen.

Und so nahm die Geschichte ihren Lauf... :D
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