(Bildquelle: www.static.keymusic.com)
Das Pedal ist schon länger in meinem Besitz, aber irgendwie konnte ich mir bislang keine rechte Meinung bilden; was mir am Vortag gnadenlos gut gefiel, war am nächsten Tag Grütze. Das war Phänomen Nummer Eins. Außerdem klingt es komisch mit Humbuckern, Phänomen Nummero Zwo. Und ganz anders als bei Brett Kingman, der es normal vorgeschaltet hat und auch nur Power Chords drischt; Phänomeno della Nummerino Dreie.
Weshalb ich dem Pedal mit etwas zeitlichem Abstand und damit frischen Ohren neu begegnen wollte, um zu sehen, was dann passiert; das war heute ausgiebig der Fall. Und da ich nichts dem Zufall überlassen wollte, habe ich mein olles Ibanez Soundtank TS5 mit 808-Mod - Das Eine (TM), das alle anderen TS-Originale wie -Klone ob des besten Klanges überlebt hat -, mal zu Vergleichszwecken daneben gehalten.
Ob ich Euch wohl mitnehmen darf auf die kleine Reise?
- Los geht's...:Wir nähern uns von außen: Das bekannte "normale" Dr. No-Pedal Format, ein größeres Hammond-Gehäuse, kommt im bekannten Deko-Karton mit Goodies wie Sticker und Schlüsselanhänger, birgt drei Drehregler für Drive, Tone und Vol, seitlich In und Out, die Stirn wartet mit dem 9V-Anschuss auf, und natürlich gibt es noch einen Fußschalter zum Ein- wie Ausschalten, die fette rote LED nicht zu vergessen.
Erwähnung finden sollte noch das stylishe Oberflächendesign, eine Mischung aus dem Logo der niederländischen Band Peter Pan Speedrock und jenem der Firma Philips, die in des Docs Heimatstadt ansässig ist.
Hier ist das Innere des Logos rot, was ich erwähne, da es auch eine aktuelle Version mit gelb-goldenem Inneren gibt.
Unsere Version arbeitet symmetrisch und stellt den ursprünglichen Drive-O-Matic dar, welches das erste in Serie gefertigte Angebot von Dr. No überhaupt war.
Die andere Variante mit dem goldenen Logo hat den Beinamen "Signature Model" (also ohne "Speedrock") und beinhaltet alle Änderungen, die Chris Cornell seinerzeit für seine eigenen vier Drive-O-Matics beim Doc erbeten hat: Asymmetrisches Clipping, mehr Gain, anderes EQing. Das ist aber NICHT die Version, die wir hier und heute testen wollen.
Da man in Videos jedoch bisweilen Chris Cornells Effektboard und damit seine Drive-O-Matics sehen kann, ist es wichtig zu wissen, dass diese zwar das originale rote Logo, aber den Sound des aktuellen mit dem gelben Logo haben. Welches wir aber immer noch nicht testen; und liegt das rote originale Pedal vor.
Uff, was ein Sermon! Der hoffentlich zur Folge hat, dass jetzt absolute Klarheit herrscht, was wir uns nun geben werden; es geht los:
Unter anderem durch Diets Test der Gerätschaft war ich vorab darüber informiert, dass es sich beim Drive-O-Matic um eine Art Edel-TS handeln soll; daher mein Referenz-Tube Screamer. Auf der anderen Seite mein trusty KoT mit seinem Overdrive; gegen diese beiden Pferdchen aus meinem Stall hat sich der Dr. No-Rocker also zu behaupten.
Ich beginne mit der Strat: Jepp, issn TS, ganz klar! - Aber irgendwie doch anders, schnittiger, aufgepumpter, "larger than life", was im Vergleich mit dem Ibanez sehr schnell heraus finde; dieser klingt eingeengter, "boxy", trötiger, flacher, undynamischer und weniger transparent, weniger klingelig. Der Drive-O-Matic, glasig-glockig, atmet dafür viel mehr, ist aber auch etwas kantiger und kristalliner, weniger verträumt wie "Kaugummi" im Ton; Mann, hätte ich jetzt gerne einen TS10 da, um zu schauen, wie der sich hier ausnehmen würde, denn ich meine, da was zu ahnen...!
Habe ich aber nicht, also bleibt es erst einmal beim Kräftemessen der beiden vorliegenden Pedale: Hier sticht der Drive-O-Matic meinen bisherigen Champion tatsächlich in allen Belangen, klingt größer und lässt den Saitenabstand beim Spielen größer wirken! Ich möchte mich fast zu einer klaren subjektiven Aussage hinreißen lassen: Das Dr. No-Aggregat ist besser! So, jetzt ist es endlich raus!
Ich hoffe, ich habe die Gefühle meines TS5 nicht verletzt, aber es könnte glatt sein, dass seine Tage hier bei mir gezählt sind...
In der Praxis habe ich das Gefühl, schon bei Tone zwischen 9-10h genügend Höhen zu haben, so dass ich nicht jenseits der 12h-Stellung muss, um dann zwar gerade um 15h genügend Höhen, aber auch die obere Mittennase nebst Bassausdünnung zu haben, die man mit dem Tube Screamer nun einmal klassischerweise assoziiert und zu seinen Schwächen zählt.
Soll heißen: Dr. No ist etwas gelungen, was bereits hunderte professionelle wie private Schrauber wie Firmen versprochen haben: Der TS, der keine Nachteile mehr hat, aber seinen Charakter dabei behält! Das ist aus meiner Sicht eine echte Sensation!
Die aber auch teuer bezahlt wird: 229€ mag der Doc für seine Kreation haben, und das ist dann die anders klingende mit dem güldenen Logo-Inneren; die hier vorliegende gibt es nur noch zweiter Hand. Viel Spaß beim Suchen...
Wie sieht es denn mit der Gegenrechnung aus, ist der Drive-O-Matic völlig ohne Fehl und Tadel? - Nun, er kann ein wenig zickig sein, was die Umgebung anbelangt; hinter meinem TS5 z.B. gibt es einen Schaltknacks, der im Alleinbetrieb nicht da ist; Boutique schön und gut, aber mit einem Boss-Gerät passiert einem so etwas nicht.
Tja, mit der Les Paul habe ich dann ein weiteres Problem: Wie bei jedem tubescreamerischen Treterlein höre ich auch hier einen zu mittigen Ton mit Loch! Und durch dieses Loch meine ich das unbearbeitete Originalsignal zu hören, so als wäre dieses nicht komplett von Verzerrung eingehüllt, bzw. stünde halb neben dieser. Und das kann ich absolut nicht leiden!
Komisch, dass das Phänomen bei anderen Vorführern nicht auftritt... ich kann es mir bis dato einfach nicht erklären!
Somit aus meiner Sicht also ein Pedal für Schraubhalsgitarren, bzw. Single Coils; also dasselbe, was ich über TS-Teile schon seit langer Zeit schwadroniere.
Es fehlt noch der Vergleich mit dem Kot-Overdrive, was schnell abgehandelt ist: Der Könich ist dem Speedrocker in jeder Hinsicht - Transparenz, Dynamik, Zerrfähigkeit, Einsatzspektrum - haushoch überlegen! - Wenn man denn nicht explizit diesen warmen, mittigen, haarlosen Ton sucht, der eben Tube Screamer-Territorium ist und manche bereits an Dumble-Klangwelten erinnern kann.
Last not least: Als Edel-Booster macht sich der Drive-O-Matic ebenfalls perfekt!
Abseits dessen ist das Ding außen super verarbeitet, produziert auffallend wenig Nebengeräusche und ist im Inneren aufgebaut wie folgt zu sehen...:
Das war ich Diet gefühlt irgendwie noch schuldig, da ich seinen Testbericht zum Produkt seinerzeit sehr genossen hatte, er das Pedal aber nicht öffnen wollte, weil bei ihm Füßchen auf den Schrauben klebten, die bei mir fehlen.
Was bleibt, ist die Neugier, wie wohl das gelbe Pendant klingt. Und da Mrs. Benzer die beste Mrs. Benzer der ganzen Welt ist, darf ich - und damit auch gerne wieder Ihr - das sehr bald herausfinden, denn so ein Eumel ist schon so gut wie auf dem Weg zu uns...
Danke fürs Begleiten auf dieser Klangreise und bis zum nächsten Mal,
Batz.
PS: Hier besagtes Brett Kingman-Video, erneut mit der Warnung, dass ich diesen Klang mit meinem Equipment nicht hinbekommen habe und befürchte, dass es ein falsches Bild vermitteln kann:
