Boss RE-20 Space Echo Twin Pedal

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Batz Benzer
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Boss RE-20 Space Echo Twin Pedal

Beitrag von Batz Benzer » Donnerstag 30. Oktober 2014, 11:53

Im bekannt-bewährten Twin-Pedal-Chassis präsentiert sich ein für viele Oldtimer-Gitarristas da draußen alter Bekannter: Das Roland RE-201 Space Echo, seines Zeichens ein olles Bandechogerät der 70er Jahre vom Format eines ausgewachsenen Plattenspielers nebst Einbaubox, lebt in diesem Boss-Produkt wieder auf, und dies wird bereits optisch deutlich: So wie sich die drei Fender-Pedale der japanischen Firma optisch den nachgebildeten Vorbildern annähern, handelt es sich beim RE-20 um ein RE-201 in Twin-Pedal-Optik. Oder umgekehrt: Ein Twin-Pedal in Roland Space Echo-Optik; dieselbe Optik, Farben und Texturen sorgen schon mal dafür, dass dem Auge was geboten wird.

Apropos: Im Tempo der virtuellen Bandgeschwindigkeit läuft ein zum Grinsemund gebogenes rotes Cylonen-Lauflicht, welches sich mit den beiden Status-LEDs für beide Pedale zu einer Art Smiley ergänzt; wenn TAP-Tempo gedrückt wird, zwinkert es einem sogar im Takt zu! ; )

Sollte dieser für die Geschwindigkeit verantwortliche Taster länger gedrückt werden, aktiviert sich die so genannte Twist-Funktion, die sämtliche Werte schnell ansteigen und erst nach Loslassen des Pedals wieder abschwellen lässt, was so klingt, als würde man eine Cassette oder ein Tonband kurzzeitig sehr schnell laufen lassen.

Das linke Pedal schaltet den Echo-Effekt ein und aus. Komisch, an anderer, renommierterer Stelle hatte ich lesen können, dass das Pedal auch bei nicht aktiviertem Effekt den Klang deutlich beeinflusst. Kann ich nicht bestätigen; in der A/B-Loop klingt das Space Echo weitestgehend klangneutral, auch ohne True Bypass, ganz so, wie man es von Boss kennt und gewohnt ist.

Die anderen Bedienelemente sind Repeat Rate, Intensity, Echo Volume, Bass, Treble, Input Volume sowie der Mode Selector, welcher die diversen, unterschiedlichen Bandechos mit einem, zwei oder drei Tonköpfen zuzüglich oder ohne Hall aktiviert; letzterer kann auch alleine erklingen und ist regelbar via Reverb Volume. Rückseitig kann überdies noch das Direktsignal ausgeschaltet werden, so dass am Ausgang ausschließlich der Effekt anliegt.

Das Gerät arbeitet stereo, wobei lediglich der Hall auch raumgreifend arbeitet; das Echo ist wie das originale Vorbild mono.

Soviel zur technischen Seite, wobei es wohl noch interessant sein dürfte, dass ein originales Boss-Netzteil mittlerweile im Preis inbegriffen ist; kommen wir nun zum Klang:

Ich besaß Ende der seligen 80er Jahre mein erstes Delay-Pedal; einen analogen Delay Champ von Ibanez, da dieser der preisgünstigste Einstieg in die wunderbare Welt der Wiederholung darstellte. Diesen hatte ich im Kopf zum Maßstab fürs RE-20 erkoren, da ich „analog“ und „Tape“ synonym gesetzt hatte… was ein großer Fehler ist: Stehen Bass und Treble neutral, ist die Wiedergabe beileibe nicht höhenarm, dunkel und unscharf, sondern… HiFi ohne Härte, das trifft’s wohl am ehesten: Die Höhen sind klar und verwischen erst mit den Wiederholungen langsam. Erinnert mich an den Klang eines guten alten Tonbandgeräts mit integrierten Speakern, immens voll, warm, weich und dennoch feinzeichnend.

Daher war ich beim ersten Ausprobieren auch erst einmal enttäuscht, hatte ich doch schlicht etwas anderes erwartet, zumal ich das originale RE-201 Space Echo nicht persönlich, sondern ausschließlich durch Brian Setzer & Co. kenne.

Und deren Klangmagie steckt in der Tat zu 100% in dieser Kiste: Bei aktiviertem Gerät wird das Signal weicher ohne dabei Punch zu verlieren; klasse schon mit Strat, mit der Gretsch geht die klangliche Sonne auf, das RE-20, zeigt, dass für den Trademark-Sound dieses Herstellers ein gutes Echo unabdingbar ist!

Okay, die erste Enttäuschung ist besiegt. Jetzt mal gucken, was das Pedal denn jenseits des Slapback-Echos mit leichtem Hall noch so drauf hat:

Der Hall alleine vermag bei ca. 9.15h einen durchschnittlichen Combo-Hall ohne sonderliche Räumlichkeit oder Tiefe zu emulieren; weiter aufgedreht wird mir das Klangbild schnell zu „weich“ und schwammig, darunter ist der Hall schlicht ineffektiv. Für eine Dreingabe also sehr nett, aber keine Wunderwaffe.

Das Delay selbst kann, je nach gewählter Einstellung und Tapeköpfe, maximal 3 Sekunden verzögern; im Long-Modus sogar 6 Sekunden. Dies ist jedoch einzig durch die Tap-Funktion zu aktivieren, via Repeat Rate geht es nicht(!) bis Maixmalverzögerung, was ich komisch finde.

Klanglich ist es großartig, was ich erst bemerkt hatte, als ich es 1:1 mit anderen digitalen Verwandten verglich: Niemals steril, aber auch nicht aufdringlich, immens musikalisch und ein interaktiver Teil der Klangkette, dabei im Klangbild frischer als erwartet. Je nach Einstellung des Mode Selectors kommt es zu Multi Tapping, da die virtuellen Tonköpfe unterschiedlich eingreifen; hierbei sind die Echos vom Timing her nicht ganz sauber, was Gleichlaufschwankungen imitiert und zum lebendigen Klangbild beiträgt.

Dabei verhält es sich auffallend unauffällig, was die Nebengeräusche anbelangt: Die Signalgüte überzeugt voll und ganz!

Vielleicht merkt man, dass es bei mir nicht Liebe auf den ersten Blick war; erst als das RE-20 aus dem Signalweg verschwand, begriff ich, was es addiert hat. Und das sind weniger vordergründige Delay-Flächen als hintergründige Sound-Teppiche; ein 50s Shimmer-Sound ist auf diese Weise z.B. vollkommen unprätentiös möglich und vermeidet durch seine "perfekte Imperfektion" die eindimensionale Klischee-Vorstellung zu 100%!

Es macht Spaß, während des Spielens an der Repeat Rate zu spielen, da das Echo erst langsam in die gewünschte Geschwindigkeit übergeht, was zu charmanten Pitch-Verfärbungen führt; da ebenfalls ein Expression-Pedal anschließbar ist, lässt sich dieser Effekt auch mit dem Fuß steuern; alternativ sind Intensity sowie Echo Input (letzteres ausschließlich per Expression) steuerbar.

Ähnlich klingt der Twist-Effekt, der, wenn man ihn nicht zu lange gedrückt hält, auch nicht verzerrt; dies passiert erst nach einiger Zeit und tönt ebenfalls ausgesprochen musikalisch!

Was ich mir noch gewünscht hätte: Speicherplätze! - Es wäre schön gewesen, hätte man hier die vier Speicherplätze der anderen Boss-Twins.

Fazit: Kein Allround-Delay, da weniger breit aufgestellt, da in die klangliche Tiefe reichend, vielmehr eine sehr charmante Fachkraft für 50s Shimmer und Rockabilly bis hin zu experimentellen 70s Pink Floyd Orgien; letzteres besonders dann, wenn die Echos (fast) endlos wiederholt werden: Die so erreichte Selbstoszillation ist hochgradig nutzbar und reagiert ebenfalls dynamisch wie lebendig. Allerdings sind diese Extremsounds auch nicht ewig strapazierbar, was das Nischendasein des Space Echos unterstreicht.
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Re: Boss RE-20 Space Echo Twin Pedal

Beitrag von bluesation » Donnerstag 30. Oktober 2014, 12:40

Lieber Micky,

was wirfst du denn gleiche 4 Reviews auf einmal ins Forum. Ich komm ja mit dem Lesen kaum nach.
Mach doch jeden Tag eins, da haben wir länger was von.
Trotzdem gerne gelesen. Die Joyos fand ich spannend. :thumbsup03:
Gruß Tom

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Re: Boss RE-20 Space Echo Twin Pedal

Beitrag von Batz Benzer » Donnerstag 30. Oktober 2014, 12:43

Hey Thomas,

es sind ja nur Angebote, die Bestand haben; niemand außer dem Admin muss alle Beiträge eines Forums sofort lesen. ;)

Lieben Gruß!
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