Gegenstand dieser Besprechung ist der Air Traffic Controller von Rainger FX London.
Dieses Gerät fällt schwer aus der Rolle, was bereits beim Gehäuse beginnt: Das ist nämlich trapezförmig, und zwar asymmetrisch. Bestimmt nicht ganz preiswert in der Herstellung, da ja speziell angefertigt, was bereits Auskunft darüber gibt, dass dieses Pedal neben Kosten keine Mühe scheut, auch dem Auge gefallen zu wollen; Boutique as Boutique can.
Überhaupt erinnert es mich an einen Flugsimulator der 80er Jahre. Mittlerweile gibt es zwar ein neues, frischeres Design, aber das alte spricht mich in diesem Falle deutlich mehr an, so dass es gezielt dieses sein sollte!
Ich hatte mich bei der Größe übrigens ordentlich vertan ob der Bilder und Videos im Netz, das Ding nimmt den selben Platz wie z.B. unser SoT ein.
Neben In, Out, 9V-Anschluss und Fußschalter bietet der Flugraumkontrolleur einen Hi/Lo-Druckschalter für die Eingangsempfindlichkeit sowie einen 3-Weg-Switch für Peak, Pitch und Random, der entscheidet, ob sich der dynamische Filter nach Eingangslautstärke, Tonhöhe oder Kommissar Zufall richtet.
Das Volumen-Poti dürfte selbsterklärend sein, Resonance verstärkt den Filteranteil, Air-Signal bringt weißes Rauschen ins Spiel, derweil Distort für den Verzerrungsgrad verantwortlich zeichnet.
Das war's auch schon. Fast, denn es gibt noch eine grüne Status-LED für On/Off sowie 20 kleine rote LEDs, die die Landelichter auf der angedeuteten Fahrbahn geben und die, sobald Signal anliegt, so von oben nach unten scrollen, dass man das Gefühl hat, der Landebahn immer näher zu kommen.
Das ist für jedes Spielkind ein Haydnspaß, darüber hinaus ernsthaft hypnotisch und damit wieder betörend sinnlich und inspirierend! Hendrix hätte einen!
Und wenn der optische Anteil einer Gerätschaft zur Inspiration anregt, kann man ihr auch den musikalischen Wert nicht mehr absprechen. Ob Totenkopf, Laseraugen oder Landelichter; das war der rote Faden aller drei Apparaturen, I rest my case.
Aber nur, um sogleich davon zu erzählen, wie das klingt, was der Air Traffic Controller nun macht, auch wenn es schwer werden wird: Bei Peak bietet er so ziemlich das, was ich in der Rainger FX Air Space Invader 2-Kritik beschrieben habe, nur sehr viel flexibler einstellbar und damit breiter aufgestellt.
Es gibt hier also "Laserbeam-Auto-Wah-Overdrive/Distortion der funky-dreckigen Art", sehr sauber spielbar und natürlich latenzfrei.Was kann es nun? - Es kann verzerren. Rainger selbst spricht von Overdrive, der Tester des einzigen Produktvideos auf YouTube von Fuzz. Ich mache es noch ein wenig komplizierter und sage: Es hat auch Distortion-Anteile!
Tatsächlich klingt der Air Space Invader 2 so, als säße es genau zwischen diesen drei Stühlen; dabei ist das Pedal superdynamisch und kommt mit allen Gitarren- wie Pickup-Typen bestens parat. So was hatte ich noch nicht und bin bereits hier schwerstens begeistert.
Erwähnenswert ist noch das sehr gut abgestimmte Noise Gate, welches bei Nutzung der White Noise mit leichtem "Hiss" schließt, bei runterregeltem Gitarren-Volumen aber nix beschneidet, da es offenkundig nur dem Rauschen entgegen arbeitet - so muss das!
(Vielleicht ist das auch kein Gate, sondern nur das Ausklingen des Rauschens, aber es wirkt so und fühlt sich so an.)
Hier könnte das Review bereits beendet sein, denn der Zerrton wäre mir die 150€, die ich man für den Spaß berappen muss, in Hinblick auf anderen Boutique-Aggregate und ihre Preise, durchaus wert.
Allerdings würde ich uns dann um die Special Features und somit um das Hauptvergnügen bringen: Der Envelope-Filter lässt sich in zwei Intensitäten hinzuschalten und addiert schon mal so eine Art "subtilen Lasergun-Sound" zum eigentlichen Nutzsignal, das derart musikalisch verschmilzt, dass ich grinsen muss vor Glück: Super!
Bislang läuft der Phaser aber nur auf Betäubung: Regelt man nun via Poti stufenlos das weiße Rauschen hinzu, verstärkt sich der Space-Sound, bis er bei Mix-Linksanschlag alleine anliegt: Keine Tonhöheninformation mehr, kein Gitarrensound, nur "Overkill"!
Auch hier macht die Arbeit mit dem Volumen der Gitarre Sinn, da man so die Range des Envelope-Filters und seiner 70er-Jahre-Funkadelic-Eskapaden voll kontrollieren kann.
Sobald der Envelope-Filter ausgeschaltet ist, nervt das weiße Rauschen neben dem Gitarrensignal; hier verbirgt sich keine weitere paxisgerechte Soundnuance. Wer das als erstes beim Ausprobieren hört, wird dieses Rainger FX-Pedal nicht verstehen.
Diesen kann man aber auch für elegisch-sphärische Klanglandschaften nutzen, wie wir ihnen weiter unten im Klangbeispiel von Dennis Kayzer (nein, es ist nicht sein Schädel, versprochen!) begegnen.
So weit, so gut, doch dieser Rainger kann noch mehr: Wird Pitch gewählt, liegen durch den Filter nicht mehr permanent Höhen an, die bisweilen doch zu viel des Guten sein können. Auch ist hier schön, dass dieser Filter Akkorde nicht sauber auflösen kann, so dass die Filterhöhe bisweilen hin und her springt, da sie sich nicht für einen Ton entscheiden kann. Eindeutig ein Feature in meinen Ohren!
Option Nummer drei nennt sich Random und steht für Zufall: Sobald es für den Controller nachvollziehbare akustische Pausen gibt, wird die Geräuschhöhe des Filters zufällig ausgewählt. Das klingt nicht so drastisch wie es sich liest, ist subtil, hat ebenfalls ein eigenes Timbre und schmiegt sich den Noten wie ein exotisches Gewürz an. Quacky, ein wenig Wah-like; immer präsent, aber selten im Vordergrund.
Option Nummer vier... äh, Moment, der Switch hat doch nur drei Schaltpositionen. Ja, aber das Pedal kann auch einfach als dynamisch-schmutiges Overdrive/Distortion genutzt werden! Hierfür muss lediglich Resonance ganz zurück sowie Air-Signal ganz aufgedreht sein, voilà! An sich eher dunkler abgestimmt, kommen mit Resonance Höhen, aber auch wieder Kosmosgeräusche Marke Laserstrahl aus der Tiefe des Raums dazu.
Damit ist es der Optionen doch noch nicht genug; im Wechselspiel der Potis stecken wirklich viele interessante, weit gefächerte Klangnuancen, die sich sowohl vielfältig nutzen lassen als auch klar voneinander unterscheiden, so dass dieses Pedal in vielen Metiers ein Zuhause finden kann. So kann ich es mir gut im Rock, Punk, Jazz, Experimental, Metal, Independent, Reggae, Elektronik, Disco, Dancefloor... ach Ihr seht schon: Fast überall bestens vorstellen, solange es auf unvoreingenommene Musiker trifft, die nicht nur Klischees auf breit getretenen Pfaden akzeptieren können und/oder wollen.
Zum Poti-Stelldichein sollten übrigens unbedingt die der Gitarre - Volumen und Tone - mit hinzu gezogen werden: Synthie-Orgien und oder Star Wars-BB-8-Kauderwelsch stecken ebenso in dieser Kiste! - Klar, der Filter öffenet und schließt ja ganz anders, wenn das Signal dunkler oder leiser abgestimmt ist; damit sollte man unbedingt arbeiten, denn nur so zeigt sich das volle Sound-Spektrum dieses interaktiven Zauberkastens!
Zum Schluss noch die üblichen Verdächtigen: Verarbeitung ist 1a, das Nebengeräuschverhalten angemessen, es reagiert organisch aufs Gitarren-Volumen.
Fazit: Für 229€ kriegt man ein tolles Zerrpedal, ein Peak-, Pitch- und Random-Follower sowie einen White Noise-Generator plus Lichtshow obendrein. Das ist aber alles so spezialgelagert, dass ich es weniger jedermann als vielmehr jenen Freigeistern da draußen amp-fehlen möchte, die mal was Neues probieren und über den Tellerrand schauen möchten.
PS: Hier noch zwei Demos, wobei das untere die aktuelle Version zeigt: