So ging es mir gerade nach Entgegennahme des Ibanez DML20 Modulation Delays III, das der nette Paketbote gebracht hat. Beziehungsweise eben drei Stunden, gefühlte 30 Minuten, später; das Ding ist irre fesselnd!
(Bilderquelle: www.tonehome.de)
Doch von vorne: Worum geht es, was ist es, was kann es, warum ist es da?
Dieses Delay stammt aus den 80er Jahren und ist Teil der sogenannten 10er- oder auch Power-Reihe von Ibanez, made in Japan, das teuerste wie exklusivste Stück der Serie, welches stolz mit dem Wort "digital" warb und heute eher anachronistisch anmutet, zum leisen Schmunzeln verführt.
Doch das ist mir schnell vergangen, nämlich im Moment der Inbetriebnahme: Da stecken mindestens vier Pedale in einem! Und so stolperte ich von einem irrsinnig detailreich zu regelnden Flanger in atemberaubend vielseitige Chorus-Welten, machte es mir mit einem Double-Tracking-Effekt gemütlich, um mich schließlich im unendlichen Reich der modulierenden Echos endgültig zu verlieren.
Das sind nämlich allesamt Delay-Spezialitäten, all diese Effekte basieren auf Zeitverzögerung, warum also nicht alle in einem Gerät verfügbar machen...?
Gegenfrage: Warum haben wir 33 Jahre später keine solchen Effektspender mehr? Verlernt? Vergessen? Keine Nachfrage mehr...?
Ernsthaft, da kaufen wir Flanger und Chorus und Delay und Modulation-Echo, dabei ist das doch alles ein- und dasselbe! Das erinnert mich an fremdsprachige Romane, die man im Deutschen einfach mal in zwei oder drei Bücher unterteilt, um gleich mehrfach absahnen zu können.
Zurück zu Gitarren-Effektpedalen: Wenn denn Fachkräfte dabei entstehen, mag ich nicht mosern. Aber: Ist dem denn tatsächlich so unterm Strich...?
Also auf in die späten 80er, als Ibanez den Mitbewerbern wie Boss und Co. leistungsmäßig mal zeigen wollte, was eine Harke ist. So war das DML20 nicht nur state of the art, sondern auch Klassenprimus: Nobody did it better!
Sehen wir das heute denn noch genau so, oder sind unsere Ansprüche nicht gewachsen mit der Zeit? - Kurzum: Das Modulation Delay III beweist, dass schon damals alles da war!
Die Regelmöglichkeiten machen es letzten Endes aus: Die sind hier so umfangreich, dass "maximal flexibel" noch eine glatte Untertreibung ist! - Delay-Time ist doppelt vorhanden, ein Regler fürs Grobe, in fünf Schritten von minimaler Verzögerung bis hin zu über einer Sekunde, einer für die Feineinstellung. Speed und Width kümmern sich um den Modulations-Bereich, Repeat und Delay-Level sind wohl selbsterklärend.
Nun ist die Anzahl der Regelmöglichkeiten vielleicht nicht ganz so wichtig wie deren jeweilige Range: Hier beginnt das wahnsinnige Funkeln in meinen Augen langsam ins Manische zu kippen, denn die Weite ist verrückt! Ernsthaft, andere Hersteller bieten diese Randerscheinungen nicht an, weil sie keinem Mainstream entsprechen; Ibanez hielt seine betuchten Kunden seinerzeit für so mündig, damit umgehen zu können.
Vom subtilen Schimmern bis zur totalen außerirdischen Seekrankheit geht hier einfach alles, und dank der starken Eingriffmöglichkeiten bleibt kein Wunsch unerfüllt.
Klar, das klingt jetzt alles sehr allgemein und wenig konkret, aber wo anfangen, wie viele Details beschreiben? - Es ist ein vollwertiger Flanger, ein vollwertiger Chorus, ein vollwertiger Double Tracker und ein vollwertiges Delay nebst Modulations-Möglichkeiten ohne Grenzen!
Sagen wir doch lieber, was es nicht kann: Es kann keinen warmen, weichen, saftigen Analog-Chorus oder -Flanger ersetzen, wohl aber für diese Gerätschaften unmögliche Alternativen bieten. Er kann fast wie eine Rainbow Machine klingen, moduliert aber zyklisch auf und ab, nicht bloß auf oder ab, regelbar in den Intervallen. Es kann kein gesättigtes Tape- oder brüchiges Analog-Echo imitieren; damals ist man schlicht nicht auf die Idee gekommen, absichtlich Soundanteile wegzunehmen, um das gerade los gewordene "muffig-analoge" nachzuahmen, man war froh, endlich ins digitale Zeitalter aufzubrechen!
Was es leider auch nicht kann: Die benannten unterschiedlichen Disziplinen gleichzeitig; wohl das größte Manko im Zeitalter der Mutieffekte. Auch arbeitet es mono; es gibt zwar einen zweiten Ausgang, hier liegt jedoch das unbearbeitete Originalsignal an.
Dafür hat man hier eine Experimentier- und Versteh-Station rund ums Thema Zeitverschiebung, mit deren Gebrauch man begreift und wächst: Alle Regelmöglichkeiten sind händisch zum direkten Eingriff gegeben, keine Parameter in versteckten Sekündär-Funktionen! - Hat was...
Somit könnte ich Euch das DML 20 - oder einen der Vorgänger, DML und DML10 - natürlich an dieser Stelle wärmstens ans Herz legen. Das müsste ich Euch dann aber auch gleich wieder brechen, es sei denn, Euer Familienname ist Rockefeller oder ähnlich: Die Teile schicken sich nämlich gerade an, die 200€-Marke im Wiederverkauf zu knacken!
Wer also Interesse hat und was um die 150€ finden kann, der sollte handeln: Die werden nämlich weder mehr noch besser noch preiswerter!
Lieben Gruß,
Batz.
PS: Ihr wisst Bescheid; hier wie stets der gespielte Witz: Viel Vergnügen!
Und für die Tieftonfraktion:
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