Das Mega Vibe von KR Musical Products ist (mir) ein solcher heiliger Gral, galt es doch mehr als ein Jahrzehnt als "DAS" Vibe, die Referenz schlechthin, wofür u.a. auch die Tatsache, dass dieses Produkt nur begrenzt verfügbar war und sein Erbauer nicht unbedingt als zwangsweise zuverlässig gilt, Sorge trug; guter Stoff für besitzerfreundliche Legendenbildung!
Ebenfalls über ein Jahrzehnt habe ich es geschafft, auf Connery zu hören und mir dieses Vibe aktiv nicht zuzulegen; ein als unberechenbar geltender Hersteller, Wartezeiten, ein Neupreis von $350 plus Zoll und Einfuhrsteuer = knapp 500 Tacken und kaum Angebote aus zweiter Hand haben es mir freundlicherweise erleichtert. Doch aus dem Kopf ging es mir dennoch nie in all der Zeit.
Jetzt tat sich kurzfristig eine seriöse Gelegenheit auf, und ich habe schnell entschlossen zugeschlagen: Außerhalb von Reverb wurden der Händler mit Ladenlokal im Großraum Paris und ich uns einig; um nicht dämlich um den heißen Preis zu reden und zukünftigen Interessenten eine realistische Preisvorstellung an die Hand zu geben: Etwas mehr als 500€ wechselten hier den Besitzer, Stand 12/2021.
Dafür gibt es endlich Erlösung in Form eines archaisch anmutenden violetten Kastens raumgreifendes Ausmaßes Marke Backstein, der allen Ernstes die Klinkenbuchsen-Anschlüsse für In und Out an der Vorderseite feilbietet; äh, ist das ernsthaft schaltungsbedingt oder schlicht nicht wirklich nachgedacht...?
(Bildquelle: Audiofanzine.com)
Der 12V-Anschluss sitzt an der rechten Seite, ein Expression-Input auf der abgwandten Seite; alle weiteren Bedienelemente finden sich auf der Oberseite wie folgt: Chorus/Vibrato-Switch, Volume-, Intensity- und Speed-Regler, der On/Off-Fußschalter nebst LED sowie einer weiteren, schwach im Takt pulsierdenden solchen.
Im Inneren verbirgt sich ein Trimpot, der die Effektintensität waltet; das war es an Eingriffmöglichkeiten.
(Bildquelle: Reverb.com)
Auf in die Praxis, und jetzt wird es extrem spannend, denn: Der Erstkontakt ist eher... ernüchternd: Häää, sooooo effektintensiv ist das Pedal ja gar nicht! - Wie kann es denn dann sein, dass ich es all die Jahre in diversen Videos stets so wahrgenommen habe?
Dann die Erkenntnis: Doch, wenn es schneller läuft, isses ziemlich intensiv! - Nur eben langsam nicht wirklich; das hat mich anfangs arg irritiert, suche ich doch eben hier nach meinem Leib- und Magen-Vibe-Sound.
Ja, Fehlgriff, oder was...? - In solchem Momenten bleibt man entweder auf seinen bisherigen Standpunkten sitzen. Oder aber man öffnet sich dem Neuen gegenüber und schaut, ob da Wertvolles neben dem Erwarteten, bzw. Erhofften zu finden ist, ohne in die Schönred´-weil-teuer-Falle zu tappen.
Und ganz genau das ist hier tatsächlich der Fall: Die Entdeckung der Reduktion aufs Wesentliche, da hier tatsächlich weniger Mehr ist!
Wie das...? - Weil die Dynamik des Signals hier derart ausgeprägt wie nirgendwo ist! - Tatsächlich: Der Effekt begünstigt Grundklangbild ebenso wie Spieldynamik und schmiegt sich dann total organisch-selbstverständlich an; die Strat klingt "besser", edler, plastischer, dreidimensionaler. Das ist in langsamer Betriebsart fast so 'ne Art "Vibe 45", um die Analogie zu MXR-Phasern und ihren Stufen zu wählen; echt beeindruckend, wenn man denn seine Höher-Weiter-Schneller-Mentalität ablegen kann.
Dabei tendiert das Klangbild zu einer grundsätzlich warmen, aber nicht allzu mittig-verklebten Performance; unangenehme Härte ist dem Mega fremd.
Oder doch schöngeredet? - Erreicht man Ähnliches nicht auch mit anderen Vibes bei Reduktion der Effektintensität?
Klare Frage, klare Antwort: Nein! - Das hier ist maximal organisch und subtil, hat Headroom ohne Ende, kann aber bei höheren Geschwindigkeiten ordentlichen Throb freisetzen, der dann jedoch das Klangbild niemals zerfetzt oder unangenehm bereichert, sondern stets souverän-angemessen auftrumpft, eine beeindruckende Räumlichkeit liefert und im perfekten Hezschlag ertönt.
So etwas hatte ich nicht erwartet; ich dachte, jetzt wird dem Casteldine Supra-Vibe, welches ich als effektintensivstes, "nassestes" Vibe wahnehme und gerade schwer lieben gelernt habe, die Krone in Sachen "Gib ihm!!!" ausgesetzt, aber Pustkuchen: Nach viel kommt maximal kultiviert und ausgewogen!
Ein echter Gentleman und Schöngeist unter dem Vibes, der nicht um jeden Preis brüllt, dafür aber was zu sagen hat; eine Liebe auf den zweiten Blick, da die Qualitäten nicht kraftmeierisch auftreten.
Das steht in völligem Gegensatz zur äußeren Dinosaurier-Erscheinung; ein weiterer Aspekt, der zu Fehleinschätzungen einlädt.
Steht Intensity bei moderaten Geschwindigkeiten bereits beim Maximum, so ist dies dennoch insofern ausgewogen als ein Mehr hier nicht unbedingt zielführend wäre; und regelt man zurück, so werden über eine lange Distanz alternative Angebote gemacht, die allesamt Hand und Fuß haben: Frag' nicht, wie viel maximal sein kann, sondern wie viel maximal sein muss, und das hier ist Dein Vibe!
Auch dieses Klangbild plus Verhalten entspricht bestimmten Univibe-Originalen; viele dieser Einheiten gehen wesentlich subtiler zu Werke als die zeitgenössischen Interpretationen (s.u.). Ergo muss auch das Mega Vibe als authentisch eingestuft werden: Feenstaub eben!
Das maximale Volumen boostet das Signal ganz leicht und absolut praxisgerecht; auch hier herrscht das Gesetz des rechten Maßes!
Und all das ohne jegliche Nebengeräusche; so muss das!
Am Ende des Tages ist dieses Pedal mehr eine Erfahrung, eine Einladung zum tieferen Verständnis des Originals als ein bloßer Gegenstand; allein für diesen Mehrwert hat sich die Anschaffung gelohnt, da mich bereichert.
Fazit: Es soll Vibe, aber subtil und schöngeistig sein? - Dann ist das KR Mega Vibe auch im Jahre 2021 immer noch 'ne Hausnummer!
Ja, andere throbben und phasen mehr; aber wer es authentisch, geschmackvoll und dennoch effektiv (genug) abgestimmt jenseits spektakulärer Extreme mag, findet hier eventuell seinen Meister.
Und solche wird auch der happige Preis nicht davon abhalten, hier den finalen Glücksgriff zu tun; das Mega hat jedenfalls das Zeug, entsprechend veranlagte Gitarristen dauerhaft selig zu machen.
Hier noch der Klassiker, der mich seinerzeit erstmals auf das Mega Vibe angefixt hatte:
Und hier im Vergleich mit 'nem Original:
Lieben Gruß,
Batz.
