Harley Benton BigTone Vintage Orange

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Paulasyl
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Harley Benton BigTone Vintage Orange

Beitrag von Paulasyl » Montag 4. Juli 2022, 17:04

Tja, das ist er nun, der Jazzkübel, den ich eigentlich nicht brauche. Weil ich aber so gar keine Erfahrung damit habe, die Optik jedoch umwerfend finde, habe ich den mal geordert. In diesem Fall sogar als Bundle, weil der Koffer nämlich eigentlich für Westerngitarren ist.
Zack, zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, die Dreadnoughts passen wie Arsch auf Eimer.
Aber fangen wir vorne an: Im Karton 2 Inbusschlüssel und ein Kabel, etwas Silica und natürlich die Orange. Beim Auspacken fällt schon das hohe Gewicht auf, das einerseits natürlich dem Bigsby geschuldet ist, andererseits ist alles dran, was auch an Solid Bodies dran ist, hier wegen des Bigsbies und angeblich zur Vermeidung von Feedback auch eine etwas dickere Decke als für Archtops üblich.
Der erste optische Eindruck ist schon recht pornös: Binding wo man hinguckt, um Kopfplatte und Korpusfront sogar noch Perlmuttplastik. Alles sauber verarbeitet, Lack 1A, alles fest.
Zwei Sachen fallen sofort auf: der Sattel ist schief eingebaut, mit einem kleinen Schlitz an der Südseite und daraus resultierend eine etwas ungleichmäßige Saitenlage und zweitens ein Läppchen unter der Bridge? Soll das zum Schutz sein?
Egal, das rauszupfriemeln erfordert jedenfalls Anschlag des Bigsby Systems und selbst dann kam der Lappen nur hakelig und hat Fusseln hinterlassen. Beide Probleme werden beim nächsten Saitenwechsel angegangen.
In den Bewertung beim T wurde die sich verschiebende Bridge angenörgelt: Ich habe nach Entfernung des Lappens die Brücke einmal seitlich neu positioniert und das war’s: Oktavreinheit passt nach Gehör, mittig ist sie und bleibt auch bei Jodelorgien am Hebel, wo sie ist. Wenn da per Stimmgerät noch Änderungen notwendig werden, kann das bestimmt noch über die Tune-o-matic passieren. Bis zum erwähnten Saitenwechsel ist aber alles gut, ich werde natürlich die Position VORHER markieren.
A propos Tune-o-matic: Hier in einer Rollenvariante, was bestimmt eine gute Idee ist. Verglichen mit dem Original Bigsby auf der Epi Riviera samt einer Standard-Kerben-Böckchen-Bridge, ist diese Bigsby Kopie deutlich verstimmungsärmer und fühlt sich einfach besser an, die „Schwuppdizität“ ist klar angenehmer hier!

Die Imperial Tuner sehen einfach geil aus und tun ihren Job rund laufend, Sattel muss ich halt noch bei, der Hals selber ist eher schlank in Bezug auf die Griffbrett-/Sattelbreite, liegt aber trotzdem noch gut in der Hand, denn er hat „nach hinten“ genug Fleisch. Irgendwo zwischen V und C Profil bringt er genug Dicke mit, der Spielkomfort ist ausgezeichnet… am Hals, die rechte Hand leidet ein wenig unter der Position der Humbucker und der Befestigung des Schlagbrettes sowie natürlich der Korpusstärke. Das ist halt bauartbedingt und kein Manko, erfordert aber trotzdem ein wenig Eingewöhnung. Das Schlagbrett ist ein wenig unkonventionell eingebaut (das Material ist ja auch schon unkonventionell! Acryl transparent, mal sehen, wie das in ein paar Wochen aussieht) Die Schraube/Mutter des Bügels passt exakt in das f-Loch, das muss auch so, denn sonst hätte man sich die Decke zerklötert. Die Schiene ist einfach an der Brettkante eingeknickt, man hat sich hier nicht die Mühe gemacht, das Pickguard auszurichten, so passt es jetzt gerade „irgendwie“, aber ich haue beim Anschlag mit der rechten Hand drauf und dann klappert es bisweilen.

Das Griffbrett ist optisch sauber verarbeitet, Inlays passen gut, die Bundierung ist eigentlich gut, nur „werksrauh“, da muss noch poliert werden. Übrigens: trotz unpolierter Bünde ist das Bending bei 648er Mensur und 12er Saiten (ab Werk D’Addario) erstaunlich easy. Natürlich sind erst einmal die Flossen schwarz, aber das war zu erwarten und gibt sich beim Saitenwechsel samt Reinigung/ erster Ölung.

Die Pickups sind - bei einer Gretschkopie hat ja niemand damit gerechnet - optisch wie Gretsch PUs gehalten, mangels Kenne weiß ich aber nicht um deren Vergleichbarkeit mit TV Jones und Konsorten. Mit einem PAF verglichen aber: Mehr Höhen und deutlich weniger Wumms. Und damit auch allen gedient ist, ging's jetzt nochmal an den Blackstar HT 60: Ja, weniger Wumms als ein PAF, aber hier etwas mittiger. Gute Saitentrennung, aber in der Bridgeposition ein wenig pappig. Okay, an dieser Stelle bin ich einfach keinen TA gewohnt. Das Tonepot ist hier gut gewählt, man deckt schön alles bis zum Jazzmumpf ab, der allerdings erheblich leiser wirkt. Doch plötzlich macht sich dann endgültig der Unterschied bemerkbar, was an der Solidbody einfach scheiße klingt, hat hier den coolen Groove, bei dem chromatische Licks plötzlich nicht mehr nach "Skalen nicht geübt" klingen, sondern nach grenzenloser Virtuosität.
Die Schaltung mit 2xVol und 1xTone plus Mastervolume mag sinnvoll sein, ich kann da nicht wirklich was mit anfangen, aber "frisst ja kein Brot"!

Natürlich musste auch "Gonzo" Ted Nugent herhalten, um mal ein paar Riffs abzufeuern, das klappt gut und schön, auch ganz leicht angecrunchte Malcolm Sounds kommen ganz gut, aber richtig leuchten tut die Gute wirklich eher bei Cleansounds. Hall, bissi Delay und schön am Bigsby kurbeln, das macht Laune und für die romantischen Momente: Chris Isaak kriegt man damit nahezu oginool hin!

Also eigentlich ist der Ömmes schon wegen der Optik das Moos wert, aber man bekommt wirklich eine coole Gitarre, die man auch mal akustisch nutzen kann (also zur Not!), allerdings sollte man schon ein wenig Erfahrung mitbringen, um die letzten Mängel selber beheben zu können. Da jedenfalls noch mal einen Hunni beim Gitarrenbauer/-schrauber zu lassen wäre ärgerlich, aber so wird es eine spaßige Bastelstunde und der Weg ist nicht so weit. Naturgemäß vertragen sich Metalsounds und -lautstärken nicht mit dieser Bauart, aber Gonzo hat aus dieser Feedbackanfälligkeit eine Kunst gemacht, also warum nicht? Zu guter letzt: Lohnend investiertes Geld, und beim Bigsby hat hier die Kopie das Original um Längen eingesackt.
Mir fehlt bloß jeglicher Vergleich, weil ich mich mit diesen vollakustischen Elektrogitarren noch nie befasst habe, aber ich merke, wenn ich 'ne gute Klampfe in den Händen habe und das ist hier der Fall. :mosh:
Zuletzt geändert von Paulasyl am Montag 4. Juli 2022, 20:17, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Harley Benton BigTone Vintage Orange --- Entwurf

Beitrag von Batz Benzer » Montag 4. Juli 2022, 17:07

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Re: Harley Benton BigTone Vintage Orange

Beitrag von Paulasyl » Dienstag 5. Juli 2022, 19:35

Sodale, ein paar Fotos. Der Vaporizer ist genau das richtige für den Kübel, ein Dream Team, passt wie Arsch auf Auge!
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Re: Harley Benton BigTone Vintage Orange

Beitrag von BruderM » Dienstag 5. Juli 2022, 19:41

Die Farbkombi ist ja mal speziell.....
und den Vapo hatte ich auch mal probiert, als es den zum HauRaus-Preis gab, ging aber wieder zurück, weil dieser "Vaporizer-Mode" oder wie das hieß für mich so gar nix war.....
Hast du den irgendwie gepimpt oder läuft der so wie ausm Karton?
Gruß
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Re: Harley Benton BigTone Vintage Orange

Beitrag von Paulasyl » Dienstag 5. Juli 2022, 19:44

As is. Den Schalter für den Zerstäubermodus hole ich aber nicht mal mehr aus dem Gehäuse.
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Re: Harley Benton BigTone Vintage Orange

Beitrag von Molle » Samstag 16. Juli 2022, 18:48

die oben gezeigte farbkombination zeugt von gutem geschmack.

sollte in jedem gitarrenhaushalt möglich sein. hier meine version:

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:D
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BruderM
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Re: Harley Benton BigTone Vintage Orange

Beitrag von BruderM » Sonntag 17. Juli 2022, 12:53

Ok,
dann ist das ein Trend und gegen einen Trend will ich nichts sagen..... :?

Viel Spaß damit
M

P.S.
Und Paulasyl hat recht, nicht vaporisieren......
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Re: Harley Benton BigTone Vintage Orange

Beitrag von Magman » Sonntag 17. Juli 2022, 13:07

BruderM hat geschrieben:
Sonntag 17. Juli 2022, 12:53
Ok,
dann ist das ein Trend und gegen einen Trend will ich nichts sagen..... :?

Viel Spaß damit
M

P.S.
Und Paulasyl hat recht, nicht vaporisieren......

Der Vapo ist ein so geiler Amp wenn man ihn so wie Tweed voll aufreißt und den Rest mit der Gitarre macht. Also wirklich nur Gitarre-Kabel-Amp!
Mir hat der damals auch viel Spaß gemacht und ich hatte für das alte Forum auch mal ein paar Videos gemacht davon.

Die Kiste rockt :mosh:

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Molle
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Re: Harley Benton BigTone Vintage Orange

Beitrag von Molle » Sonntag 17. Juli 2022, 14:06

BruderM hat geschrieben:
Sonntag 17. Juli 2022, 12:53
P.S.
Und Paulasyl hat recht, nicht vaporisieren......
meiner ist ja auch ein vapolux ...

https://gitarrenbu.de/viewtopic.php?f=17&t=4487

aber der vaporizer klingt auch in unverbastelt absolut akzeptabel. one trick pony halt.
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