Auf dem Effektsektor sind es die Dioramen gleichen Dr. No-Pedale, die sich in mein Herz schleichen konnten; was Effektgattungen anbelangt, so habe ich ein großes Herz für Vieles, wobei die ungekrönte Königin meiner Neigungen zugegebenermaßen das Univbe ist.
Seit vielen Jahren hat der Doc aus Eindhoven bereits ein solches Univibe angekündigt, und im Juni dieses Jahres hat sich dann endlich etwas Entsprechendes geregt auf der Homepage: Es gab die Ankündigung, dass dort in den nächsten 10 Tagen das DYBBUK "Legba Vibe" vorbestellbar sein wird!
Was wohl verständlicherweise zu großer Vorfreude meinerseits führte: Endlich lässt der Doc seinen Worten Taten folgen!
Andererseits würde ich die Katze im Sack kaufen: Was, wenn mir das klangliche Resultat gar nicht gefallen sollte? - Volumen ist hier ja so'n KO-Thema für mich: Wenn das Vibe nicht lauter als das Originalsignal kann, isses nix für mich.
Außerdem passte solch eine Ausgabe - der Preis stand noch nicht fest - nicht wirklich ins Gesamtkonzept... aber sei's drum: Die Kombination zweier Leidenschaften - (1.) Dr. No baut (2.) ein Univibe - haben mich jeglich Vernunft vergessen lassen; was, wenn nicht das, sollte mich denn bitteschön interessieren...?
Tja, und nach ein paar Tagen kompulsiven Aufrufens der Homepage war es dann soweit: Mitten im Unterricht - ich wollte dem Schüler die Ankündigung auf der Seite zeigen - musste ich festetellen, dass es sowohl erste Bilder als auch Preis wie Kaufoption gab: Verdammt Axt, was für 'ne Unzeit!
Sooo schlimm, war es dann doch nicht, da der Schüler der letzte für den Tag war und ich somit ca. zehn Minuten später PRESS BUTTON! machen konnte.
Schlimm hingegen der Preis, den ich - aus naheliegenden Gründen - spaßenshalber bereits antizipierte, aber nicht ahnte, wie Recht ich haben sollte: 666 dieterbohlische Euronen mag Dr. No für ein DYBBUK "Legba Vibe" haben!
Ich habe die Bestellung dann gleichsam mechanisch durchgezogen und die Begleitumstände - u.a. auch Wartezeit bis zur Verschickung Ende Juli - geflissentlich ignoriert; hätte ich darüber nachgedacht, hätte ich es wohl nicht getan.
Vor fünf Tagen kam dann eine "order confirmation", dass meine Bestellung abgeschlossen sei; üblicherweise folgt daraufhin eine Versandbestätigung nebst Sendungsverfolgung, die ich aber ob der Ankündigung um den 30. Juli erwartete.
Um so eimeriger habe ich gestern gegeuckt, als DHL ein Paket brachte, dessen Erscheinungsbild ich kannte: Post aus den Niederlanden!
Also weg mit dem Umkarton und in den weiß aufgeschäumten Fritten mit den Händen nach einem Sorcière-Karton gefischt, denn dieser Serie dritter Teil stellt das Legba-Vibe dar.
Ha, da isser, eingewickelt in mehrere Bahnen Klarsichtfolie; hmmm, nicht so ganz konsequent, wenn der Doc sonst davon spricht, Plastikverpackungen zu vermeiden. Angesichts des Preises jedoch verständlich, dass das Produkt um jeden Preis geschützt werden soll.
Neben Goodies, wie einem Dr. No-Anstecker und mehreren Aufklebern diverser Größe und Motive, fiel mir ein großer weißer Stoffsack in die Hände, verschlossen mit Kordel, an der drei Voodoo-Perlen hingen: In diesem befand sich nun endlich das Vibe!
Die Optik könnte kaum exaltierter sein: Phantastische-verstörende Motive, die Lovecrafts "Cthulhu"-Mythos entsprungen zu sein scheinen, zieren das Gehäuse; Höhepunkt dürften die vier horngleichen Tentakel sein, wobei auch die Knochen-Enden, die sich seitlich links wie rechts als Intentitäts- und Geschwindigkeit-Potis finden, wie der rot umleuchtete On/Off-Switch sowie die farbintensive Motivik des Kastens selbst schwerst was hermachen!
Klar, wer auf solch esoterischen Killefitti nicht steht, wird hier keinen zusätzlichen Kick kriegen, mir aber gefällt's auch als Nichtsatanisten.
Zumal der Doc auf seiner Seite darauf hinweist, dass mensch mit dem Erwerb des DYBBUK seine Seele dem Teufel verkauft; gut, dass ich meine schon als Kind der göttlichen Dreifaltigkeit Humor, Ironie und Augenzwinkern vertickt habe.
Rückseitig finden sich In- wie Output; rechts der 9V-Anschluss; die Rückseite des Pedals weiß zu berichen, dass es sich um Exemplar 11 von 150 geplanten handelt.
Schade, ich dachte, früh genug für eine extrem niedrige Nummer, vielleicht sogar die Nummer "1", bestellt zu haben; andererseits weiß ich Romantiker ja nicht, ob am Ende nicht einfach Kartons aus einem Regal verschickt werden und die Pedal-Seriennummern überhaupt der Bestellreihenfolge zugeordnet sind.
Aber zurück in die Realität und ab auf den Platz: Schon mal schön, dass das DYBBUK keinerlei exotischen Stomvorstellungen hat.
Der erste Eindruck gibt dann schon mal Entwarnung in Sachen Volumen; das Effektsignal ist im für mich perfekten Maß lauter, meine größe Sorge also ausgeräumt: PUH!
Klanglich hingegen... tja, lasst es mich so sagen: Es entspricht nicht auf Anhieb meinen phasrigen Vorlieben, da hier Wucht, Räumlichkeit und auch der Leise/Lauter-Effekt eines Tremolos stärker im Vordergrund stehen!
Oha, spannend... nach Jahren der Forschungsarbeit, so der Doc selbst über Legba-Vibe, kommt dann solch ein Klang heraus; das weist ein weiteres Mal auf, wie weit das Feld namens "Univibe" tatsächlich ist und Platz für viele unterschiedliche Geschmacksrichtungen bietet.
Es tönt intensiv, aber schmatzt kaum; das erinnert mich klar eher an eine Spielart des "Harmonic Tremolo", die ich so noch nicht hatte; die perlende Süße anderer Aggregate sucht mensch hier vergebens!
Also aufgeschraubt, das Ding, und nachgeguckt, ob es noch weitere Regelmöglichkeiten abseits der äußeren gibt. Hier fällt mir als erstes die kleine, saubere Platine auf, die so gar nicht nach der beschworenen 100%igen Handarbeit aussieht. Diese birgt tatsächlich ein Trimpoti, welches sich jedoch schnell für meine Zwecke insofern als unbrauchbar herausstellt als es bereits am Maximum steht und jegliche Veränderung schlicht die Effektintensität verwässert.
(Bildquelle: icke)
Auch etwas fragwürdig: Die vier Photozellen, die um die Lichtquelle angeordnet sind, haben keinerlei Verkleidung, wie vielfach bei anderen Anbietern zu sehen; auf dem Boden klebt ein Dreieck aus reflektierender Silberfolie.
Dadurch ergibt sich jedoch die Möglichkeit, mit der Entfernung der Photozellen sowie dem Abdecken der Reflektionsfolie zu spielen. Und tatsächlich: Führe ich die Zellen etwas näher an die Lampe und decke die Silberfolie ab, komme ich zu klanglich wesentlich ansprechenderen Ergebnissen!
Es lohnt sich also, hier Einfluss zu nehmen, wenn das Grundangebot nicht behagt. Wobei sich der Tremoloanteil so zwar etwas verringern, aber niemals ausbleden lässt.
Und wenngleich das DYBBUK nun auffallend mehr schmatzt, so wird es andere Vibes in dieser Disziplin kaum übertreffen.
ABER: Das muss es auch gar nicht, da es eine eigene Klangästhetik mit sich bringt, die mir sehr gefallen kann; es tönt sehr voluminös und vollmundig, extrem warm und weich und gutmütig mit jeder Menge Headroom, wie ein sanfter Riese mit einem Herz aus Gold (ja, auch ich stelle mir gerade uns Tommy mit Mönchstonsur im Fantasy-Hagrid/Hodor-Outfit vor!!!
).Der Effekt rutscht also was aus den oberen Mitten in rundere Gefilde, schafft jedoch gleichzeitig den Spagat, präsent im Mix zu bleiben: Das dürfte dann wohl das Alleinstellungsmerkmal dieser Vibe-Interpretation sein!
Und das gefällt mir richtig gut, zumal das Klangbild extrem edel und aufgewertet auftrumpft: Schmackofatz!!!
Leider kommt bereits die niedrigste Geschwindigkeit - hier MITZVAH genannt - schon ziemlich direkt auf Touren; dummerweise ist hier aber der Effekt noch nicht so ausgeprägt wie in höheren Speed-Gefilden. Da wären mir mehr Reserven nach unten schon lieb gewesen.
Was was die Intensität - hier GILGUL genannt - anbelangt, so ist diese natürlich von der Nähe der Photozellen im Inneren abhängig. Die aus meiner Sicht günstigere Stellung dieser sorgt dafür, dass ein recht weiter Regelweg und damit auch interschiedliche Klangästhetiken gewählt werden können: Niedrigere Potistellungen phasen und schmatzen mehr, höhere Werte betonen sukzessive den physisch-räumlichen Charakter.
Das ist super so und bei manchem Mitbewerber nicht der Fall, die im Gegensatz an dieser Stelle zum One-Trick-Pony neigen.
Und da auch das Nebengeräuschverhalten vorbildlich ist, enteht ein feiner HiFi-Eindruck, der weniger auf glasige Transparenz denn auf die Wärme wie Bandsättigung eines alten Tonbandgeräts aus ist; wer so etwas sucht und obendrein der Meinung ist, das exzessives Phasing der entsprechenden Effekgattung namens "Phaser" vorbehalten bleiben soll, der könnte hier wunschlos glücklich werden.
Zumal das Drehmoment schon klar in Richtung unrunden Herzschlags tendiert und das Klangbild bei Bedarf, ganz "Chop-Throb", klar dominieren, ja sogar zer-pulsen kann; er folgt dabei jedoch seiner eigenen Rhythmik, die nicht ganz der Idealisierten - wiederum sehr gut beim Sabbadius Fillmore East zu hören - entspricht.
Fazit: 666€ für einen sehr sauber verarbeiteten Univibe-Charakterkopf ohne Vibrato-Wahl, regelbarem Volumen, Cancel-Funktion, Expression-Eingang und stark ausgeprägtem Phasing, dafür mit eigener, durchaus audiophilen Klangvorstellung; diese Rechnung dürfte nur für wenige aufgehen.
Dabei ist die extravagante Optik aus meiner Sicht extrem gelungen, die gesamte Präsentation vom Karton über die Goodies bis zum DYBBUK selbst ein echter Erlebnis-Kauf, was zumindest mir ein glückliches Dauergrinsen in die Hackfresse gezaubert hat.
Und wer überdies ein unfassbar warm wie physisch agierendes Vibe-Aggregat sucht, dessen Klangbild vergleichsweise an jenes eines alten Tonbandgeräts im Holzgehäuse erinnert und weiteren Schickschnack nicht benötigt, der könnte hier durchaus voll auf seine Kosten kommen.
Für alle anderen hält der Markt nun wirklich ausreichend viele anders aufgestellte Gerätschaften parat, die abweichenden technischen wie klanglichen Ansprüchen zu günstigeren Preisen Genüge zu leisten verstehen.
Lieben Gruß,
Batz.
(alle Bildquellen: www.drno-effects.com, wenn nicht anders angegeben)
