Cort L300V-F SB

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Batz Benzer
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Cort L300V-F SB

Beitrag von Batz Benzer » Freitag 18. November 2022, 13:40

Ich habe vor ein paar Jahren intensiv nach einer kleinen Akustik-Gitarre für mich gesucht. Was sich insofern schwer gestaltete als ich eher „wuchtig“ spiele und zarte Instrumente so schnell an ihre Grenzen bringe.

Daher endete die Suche dann auch – nach mehreren Versuchen wie der Gretsch Rancher Penguin oder Sigma LM-SG 00 – ohne Ergebnis; bin eben doch der Dreadnought-, bzw. Jumbo-Spieler, war meine Quintessenz. ;)

Allerdings gab es da eine kleine Gitarre in meinem Umfeld, die mir standhalten kann, phantastisch klingt und zu allem Überfluss auch noch gut aussieht. Sie hatte nur einen, alles entscheidenden Fehler: Sie gehörte nicht mir! :?

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(Bildquellen: Reverb)

Sondern Kumpel Micky Mumpitz, der mir den Rat gab, mir doch einfach auch solch ein Exemplar neu zuzulegen; tja, leider scheiterte das immer wieder entweder am Neupreis und/oder der Tatsache, dass es sie nicht mehr in Sunburst, sondern nur noch in Natur gab.

Nicht, dass ich generell etwas gegen diesen Look hätte, aber bei Adirondack-Decken kann es dann schnell passieren, dass die diese stellenweise Mängel haben oder generell unansehnlich ausfallen; daher sollte es Sunburst sein, was dergleichen Ausfälle wunderbar kaschiert.

Also tat sich hier jahrelang nichts; gelegentliche Versuche, Micky das Gehölz aus den Rippen zu leiern, endeten meist in dessen Belustigung ob der Jämmerlichkeit meiner kläglichen Ansätze. :lol:

Vor ein paar Wochen jedoch begann er sich für meine Epiphone ES 339 P-90 Pro zu interessieren, und da ich diese Gitarre nicht wirklich „brauchte“, kam es – lange Rede, kurzer Sinn – am Ende zu einem 1:1-Tausch. Und ich so zur jahrelang erhofften Cort! :banana01:

Und von dieser möchte ich Euch heute erzählen, warum ich sie so mag: Die massive Adirondack-Decke des dünn lackierten OM-Korpus hatte ich ja bereits erwähnt, hinzu kommt ein ebensolcher Boden, der, wie der gesperrte Zargen, aus herrlich anzusehendem Mahagoni mit sattem 3D-Effekte gefertigt wurde.

Der Hals ist mit seinem Palisander-Griffbrett und der Ausdehnung von 44mm am Sattel etwas breiter als die immer noch üblichen 42mm; das alleine empfinde ich als großen Segen, da mir dieses Format – noch mehr die 45mm – immens liegen.

Dafür isser relativ dünn; genügend Masse für dynamisches Spiel hat er dennoch. :thumbs:

Der Steg ist aus Ovangkol beschaffen, die offenen Mechaniken stammen von Grover, das Binding kündet von Tortoise, Steg wie Sattel sind aus Knochen gefertigt; überdies ist die Gitarre mit einem Fishman Sonitone-Pickup ausgestattet.

So viel also zu den Specs, kommen wir zu Klang und Spielgefühl:



Letzteres ist in meinem Falle natürlich durch den Vorbesitzer und dessen jahrelanges Dauerspielen stark geprägt; die Cort macht den Eindruck eines hervorragend eingetragenen Schuhs, was sich primär durch immense Dynamik wie irrsinnig viel „Luft“ im Klang bemerkbar macht: Diese Gitarre hat ihre „Starrheit“ bereits gänzlich abgelegt und atmet spürbar! :thumbsup02:

Das hat einen strahlend-perligen Attack, auf den ein großer, beruhigter, tiefer Ton folgt, zur Konsequenz; letzteres, in der Vokalität zwischen „a“ und „o“ angesiedelt, ist in meiner Wahrnehmung eindeutig der Adirondack-Decke geschuldet und unterscheidet sich von der näselnderen Sitka-Fichte.

Auch ist es mir bei akustischen Gitarren wichtig, dass der Solo-Ton möglichst genau so laut ist, genau so trägt wie das Strumming; auch dies beherrscht die Cort wie aus dem Effeff.

Doch kannte ich die Gitarre ja bereits vor dieser Entwicklung; auch hier hat sie mir bereits sehr gut gefallen und durch Volumen wie Dynamik beeindrucken können. Dennoch für die ein oder den anderen sicher gut zu wissen, dass sie sich prächtig entwickeln wird im Laufe der Zeit.

Die klanglichen Vorzüge der L300V-F werden häufig mit dem Attribut „Pre-War-Tone“ umrissen; da ich erst seit 1972 auf dieser Erde für Angst und Schrecken sorge und noch nie ein Vorkriegsinstrument in Händen hielt, kann meiner einer das natürlich nur schlecht und „fernakustisch“ dank YouTube beurteilen; hier gewinne ich jedoch den Eindruck, dass diese Assoziation nicht von ungefähr kommt und – abseits des Korpus-Volumens - wohl den „Growl“ der Adirondack-Decke meint, der tatsächlich einzigartig wie in höchstem Maß begehrlich ist! :sabber:

Das gibt es in dieser Preisklasse in der Tat selten zu hören; leider hat Cort die Produktion dieser hervorragenden Gitarre mittlerweile zugunsten eines Nachfolgers mit klanglich gealterter Sitka-Decke und gesperrtem Boden eingestellt.

Allein das lässt vielleicht erahnen, warum Sound wie Preis-Leistungs-Verhältnis dieses Instruments vielerorts phantastisch besprochen wurde: Hier gibt es tatsächlich unfassbar viel Gitarre für sehr kleine Marie! :thumbs:

Zumal sich die L300V-F SB schnell als breit aufgestellter Allrounder entpuppt: Im Fingerstyle tönt sie ebenso souverän wie unter intensiver Strumming-Beackerung!



Das Klangbild ist dabei immer ausgeglichen und weniger „nischig“ als die Größe impliziert, kann in Sachen Bass-Boom natürlich nicht mit einer vernünftigen Dread konkurrieren, ihr insgesamt in Lautstärke aber durchaus begegnen, da in den Mitten deutlich präsenter, ohne es an crispem Höhen-Chirp vermissen zu lassen.

Die Cort ist tatsächlich die kleine Gitarre für Leute, die mit kleinen Gitarren sonst nicht zurecht kommen!

Das ist zwar alles ganz schön, aber wo liegen die Nachteile der herrlich knarzenden Kiste?

Schon mal nicht im Tonabnehmer; der ist zwar lediglich in Lautstärke und Höhenanteil regelbar, liefert aber ein mehr als nur brauchbares Signal.

Tatsächlich gibt es für mich nur einen einzigen Makel, der auch noch höchst subjektiv ist: Ein Gurtpin gehört in meiner Welt nicht seitlich in den Halsfuß! Da will meine Hand ungehindert greifen können und fühlt sich durch den Metallpickel gestört. :motz01:



Fazit: Die Cort L300V-F SB ist eine überdurchschnittlich gute OM-Gitarre mit einfachem Pickup, deren Dynamik, Ansprache, Klangvolumen und Frequenzverteilung nur wenig bis keine Wünsche offen lassen; das Preisschild von 512€ wirkt hier wie ein Versehen, da selbst der doppelte Preis immer noch ein gutes PLV bedeuten würde!

Uneingeschränkt empfehlenswert für alle jene, die mit der Sattelbreite von 44mm zurecht kommen. :thumbs:

Lieben Gruß,

Batz. :smoke01:
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Re: Cort L300V-F SB

Beitrag von Rainer Mumpitz » Freitag 18. November 2022, 17:10

:thumbsup03: Die Geschichte hat auch für mich einen erfreulichen Ausgang, obwohl ich vom Vorschlag die Gitarren zu tauschen zunächst nicht zu 100% überzeugt war :shock:. Aber die Epi 339 vom Batz hat mich auch schon lange gereizt und ich hatte auch noch immer wieder auf eine Taylor 214 als Stahlsaiten Gitarre mit Pickup zum überallhin mitnehmen geschielt.

Letztendlich hab ich mir aber doch noch eine Cort bei unserem lokalen Händler gekauft, bei dem ich auch schon die Sunburst bekommen hatte, da er auch einen kleinen Amp in Zahlung genommen hat, den sonst keiner haben wollte. Meine Neue ist eine Cort Luce 550 - auch OM -mit Zederndecke und Pau Ferro Korpus, klingen tut sie aber in meinen Ohren eigentlich ganz klassisch nach Fichte/Palisander. Also schöne Höhen und knackiges Fundament - und das in wirklich toller Qualität! Der Hals ist sogar noch etwas breiter als der der "Alten" und ein gut funktionierender Fishmanpickup ist auch an Bord.

Cort hatte ja - zumindest noch vor ein paar Jahren - nicht den allerbesten Ruf was den Umgang mit der Belegschaft anging, aber das ist jetzt in dem neuen Werk in Indonesien ( wo z.b auch ein großteil der guten Harley Bentons herkommen) hoffentlich besser. Auf jeden Fall können die ganz ausgezeichnete Akustikgitarren (und E-Gitarren auch..) für schmales Geld bauen
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:boing01:
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Re: Cort L300V-F SB

Beitrag von Batz Benzer » Samstag 19. November 2022, 12:00

Vielen Dank nochmal für den Tausch! :prost:

Wie ich Dir ja schon in der Eifel sagte: Die wollte zu mir, und Du hast es möglich gemacht; danke dafür!!! :thumbs:

Und wie schön, dass Du mit Deinem neuen Moped ebenfalls glücklich bist!
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Re: Cort L300V-F SB

Beitrag von Batz Benzer » Dienstag 22. November 2022, 12:56

Haha, eben war eine Schülerin da, die auch so 'ne Cort hat; und zwar eine L550 wie Du, Micky: Ich kenne Deine Gitarre also schon ein wenig. :D ;)
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Re: Cort L300V-F SB

Beitrag von Batz Benzer » Montag 28. November 2022, 15:19

Mittlerweile konnte ich Mickys L550 ebenfalls spielen: Gute Gitarre, mit viel höherem Bassaufkommen als gedacht, dafür ein wenig behäbiger; der Sattel von 48mm Breite ist echt mal 'ne Ansage! :D
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Re: Cort L300V-F SB

Beitrag von Magman » Montag 28. November 2022, 15:24

Batz Benzer hat geschrieben:
Montag 28. November 2022, 15:19
der Sattel von 48mm Breite ist echt mal 'ne Ansage! :D
Holla, das ist dann ja auch gerade was für Großflössler :P

Cort bietet echt ne gute Quali für's Geld und schön, wenn man hier lesen kann, dass man da auch gute Akustische findet :thumbs:
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Re: Cort L300V-F SB

Beitrag von Batz Benzer » Montag 28. November 2022, 15:25

Allerdings! :thumbsup03:
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