Sabbadius Funky-Vibe Maui

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Batz Benzer
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Sabbadius Funky-Vibe Maui

Beitrag von Batz Benzer » Donnerstag 5. Januar 2023, 12:28

Der Argentinier Nico Sabbadian hat sich mit seinem 1-Mann-Betrieb Sabbadius in den letzten Jahren u.a. einen hervorragenden Ruf als Univibe-Produzent gemacht; seine Funky Vibes gelten nicht nur mir als absolute Referenz-Klasse! :thumbsup03:

Mit dem 68er wie 69er hat er zwei moderne Klassiker geschaffen, mit dem Fillmore East und dem Woodstock die spezifische Univibe-Klangästhetik dieser beiden Hendrix-Auftritte so akribisch wie möglich nachempfunden; klar, dass ich da hellhörig wurde als es hieß, dass Nico Sabbadian nun ein Funky-Vibe mit dem Sound des Maui-Auftritts heraufbringen würde, zumal ich Fillmore und Woodstock bereits mein Eigen nennen darf.

Vorgestern wurde es das erste Mal bei Haar Guitars in den Niederlanden gelistet, gestern war es – 21h später und somit schneller als die meisten Inlands-Bestellungen - bereits da: Jau, das Jahr beginnt mit 'nem echten Mega-Kracher!!! :banana01:

Der allerdings auch seinen exklusiven Preis hat: Knapp 700 Steine darf der Interessent für das Maui legen! :o

Auch bei bester Verarbeitung können es – trotz aufwändig besorgter NOS-, bzw. Custom-Teile – nicht allein die Materialkosten sein, die diesen Preis auch nur annähernd rechtfertigen: Nein, es sind primär der unternehmerische Mut und die absolute Hingabe bis zu genauester Akribie, die eine solche Ausgabe rechtfertigen; niemand ist näher dran, detailreicher im Vibe-Universum und dennoch willens, die Mali des Geräte-Typus wettzumachen, ohne klangliche Kompromisse einzugehen, und all diese Recherche wie das dauerhafte Experimentieren generieren eben Kosten.

Und solange niemand gezwungen ist, die Kisten zu kaufen, sie also lediglich ein Angebot darstellen, muss ich persönlich mich auch nicht darüber aufregen. Zumal ein mittelgutes Instrument ähnliches Geld aufruft. ;)

Kommen wir nun also zum Gerät selbst, welches optisch wie bedienungstechnisch einmal mehr den bislang bekannten Funky Vibes entspricht; daher übernehme ich mal, entsprechend modifiziert, meine Beschreibung aus dem Fillmore East-Review:

Das Öffnen der Lieferverpackung löst bereits die erste Dopamin-Ausschüttung aus: In schwarzer Kartonage mit güldener Schrift präsentiert sich zunächst ein von Hand ausgefülltes "Certificate of Authenticity", gefolgt von zwei Anleitungen wie Ersatz-Sicherungen, sollte es die im Maui verbaute mal ungünstig treffen: Toll!

Dann der Kasten selbst: Ganz im Stil des Originals von Honeys, bzw. Shin-Ei's Uni-Vibe präsentiert sich das Funky-Vibe in herrlichster Pracht und weicht lediglich in Größe wie Farbgebung, hier adäquat zu Hendrix' Erscheinungsbild beim Maui-Gig, auf: Schwarz, blaue Symbolik mit weißen Konturen, der Maui-Schriftzug prangt in glitzerndem Lila – und damit ganz genau jener psychedelischen Farbe, die die SEHR HELL BRÜLLENDEN blauen LEDs auf meiner Netzhaut hinterlassen - auf der vorderen Kante. Wunnebar!!! :sabber:

Bild

(Bildquelle: Sabbadius)

Dort, wo das Vintage-Teil Steckbuchsen aufweist, gibt es hier praktischerweise einen True Bypass- sowie einen Cancel-Fußschalter, die spielend leicht erreichbar sind. Rechter Hand hat es die Aufnahme für die Sicherung, darunter einen On/Off-Knebelswitch; leider hat Nico diesen falsch herum verdrahtet, so dass On = Off ist. :(

Regelelemente sind Volumen, der traditionell rot-weiße Chorus/Vibrato-Switch, Intensity und Speed; es gibt drei rote LEDs für On/Off, Effekt An/Aus sowie die Geschwindigkeit, die pulsierend dargestellt wird.

Rückseitig wartet das Aggregat mit einem Netzstecker (230V) nebst Velcro-Kabelbinder auf, zusätzlich gibt es Buchsen für In, Out sowie ein Expression-Pedal.

So viel also zu der äußeren Erscheinung; jetzt möchte ich endlich wissen, inwiefern sich das Maui vom Fillmore und Woodstock unterscheidet: Auf in den Kampf, Torero! :mrgreen:

Tja, da muss sich der feurige Matador noch etwas gedulden, denn derzeit prangt der Whynachtsbaum derart in der Gitarrenecke, dass ich nicht an die anderen beiden Sabbadius-Aggregate herankomme; Ausdruck des ewigen Kampfs zwischen Mrs. Benzer und mir, wann der Baum entsorgt werden darf, bzw. muss. Ein Thema für sich. :roll:

Die fehlende Vergleichsmöglichkeit ist aber erst einmal nicht schlimm, denn so muss das Maui zunächst gegen mein Fulltone Deja Vibe antreten, da dieses fest auf dem Brot- und Butter-Board sitzt und somit spontan erreichbar ist. Und dies dürfte für die ein oder den anderen vielleicht eh die interessantere Parallele sein, da das Deja sich ungleich häufiger verkauft haben dürfte und ich es somit eher als bekannt voraussetzen darf.

Dieser Vergleich nimmt sich jedenfalls interessant aus und offenbart gleich unabhängig vom Deja zwei Eigenheiten des Funky-Vibe: Erstens rauscht der Preamp im Takt der Modulation, was zwar an und für sich der Vernachlässigung durchaus würdig wäre, in dieser Preisklasse aber auch ein klares Manko darstellt, das ich in einer solchen Gewichtsklasse schlicht nicht erwartet habe! :?

Die zweite Auffälligkeit: Das Maui ist etwas leiser als Fillmore und Woodstock; es boostet erst ab ca. „9“ des Volumens, so dass bis zur Maximalauslastung nur wenig Volumen-Reserven zur Verfügung stehen, die trotz dessen absolut praxisgerecht ausfallen.

Dennoch erwähnenswert: Der Preamp ist hier vielleicht deswegen leiser, weil das Nebengeräuschverhalten ansonsten zu auffällig wäre; zumindest ist das mein erster Gedanke. Meckern auf hohem Niveau, das hier allerdings auch pekuniär anliegt, so dass ich, wo möglich, Perfektion bei der Verarbeitung erwarte.

Okay, soll mir alles latte sein, wenn denn das Klangbild stimmt, verzaubert, ins Schwelgen kommen lässt. Und das ist auch beim Maui definitiv der Fall! :thumbs:

Zunächst einmal begeistern mich die vielen klanglichen Schattierungen, die im Zusammenspiel von Intensity und Volumen herangezogen werden können: Ob nun das Phasing, Throb oder beides gleichermaßen im Vordergrund stehen soll, kann hier entsprechend wirkungsvoll betont werden.

Das kenne ich in dieser Ausprägung tatsächlich nur von wenigen Vibes, die meisten haben einen Sweet Spot und gut ist's. Und ganz genau dieser Aspekt ist hier eben vorbildlich gelöst, so dass das Maui tatsächlich ziemlich vielseitig ausfällt. :thumbsup03:

Die phasrige Weichheit des Dejas erreicht das Sabbadius jedoch nicht, bleibt immer etwas artikulierter, klarer, konturierter, wärmer und weniger verklebt, ohne dass der tendenziell in den Mitten konzentrierte Vibe-Effekt extensiver oder lebloser wirken würde, ganz im Gegenteil; das sehe ich als klares Feature und weniger als Nachteil, zumal das Fulltone hier eine extreme Ausprägung darstellt, die im Mix eher unterzugehen droht als das argentinische Hüftsteak.

Auch wohnt dem Maui eine an Körperspannung erinnernde plastische Dreidimensionalität inne, die beim Deja eher wie komprimiert und somit ein wenig platt gebügelt erscheint, was zugegebenermaßen auch seinen Reiz hat.

Die Modulaktionskurve des Throbs erinnert klar an den begehrten Rhythmus den menschlichen Herzens, erzeugt in schnelleren Gefilden in meinen Ohren jedoch weniger Herzschlag- denn Humpel-Assoziationen à la Mussorgskys Gnomus. Und ganz genau eben hier liegt auch der Hauptunterschied zum Fillmore East, das den Kardio-Throb gefressen zu haben scheint, womit das Maui eher in Richtung Woodstock tendiert, das dir in höheren Speed-Gefilden einen 1a Helicopter ins Zimmer zaubert.

Jau, die Kurvenform des Throbs ist eben entscheidend für die Rezeption des Vibe-Effekts; das hatten wir andernorts bereits mehrfach destillieren können und finden es hier erneut bestätigt. :ugeek:

Und so differenziert Nico Sabbadian seine Elaborate offenkundig voneinander: Der Kurvenverlauf ist Boss und bestimmt Voicing ebenso wie Phasing und Throb, um so jedem Funky-Vibe dessen jeweilige Stimme zu verleihen!

Wobei sicherlich auch noch andere Faktoren, wie z.B. die klangliche Ausrichtung des Preamps, keine unwesentliche Rolle spielen.

Nun verändert sich aber auch diese Kurve je nach Geschwindigkeit, bzw. passt grundsätzlich besser zu langsamen, mittleren oder eben schnellen Settings.

Das Maui wird damit beworben, dass es, langsam eingestellt, die Phase prominent nach vorne bringt. Oder anders gesagt: Es klingt auch in Slow-Settings vollmundig und schmatzt schön. In geschwinderen Gefilden hingegen soll es laut Erbauer „größere Kontrolle“ bringen, was immer das bedeuten mag; Fakt ist jedenfalls, dass es auch im FF-Modus herrlich authentisch blubbert. :thumbsup03:

Kommt Verzerrung ins Spiel, erreicht das Maui Bestnoten: Keine Verlagerung des Klangbildes in quäckige Mitten und nervige Höhen, der Gitarren-Sound bleibt intakt und interagiert höchst musikalisch. :sabber:

Und da ich in der Zwischenzeit die anderen beiden Sabbadius-Vibes freikämpfen, dem Effekt fressenden Baum entreißen konnte, stelle ich fest, dass mich mein Gedächtnis bis hierhin nicht betrogen hat.

Hinzu gesellen sich folgende Erkenntnisse: Das Maui tönt weicher und stärkt das Phasing, das Fillmore ist mittiger, lauter, rauscht deutlich weniger und hat mehr Wucht im Throb. Und da der Klangunterschied auch schon beim reinen Preamp-Betrieb per Cancel-Switch vorhanden ist, hat dieser wohl nix mit dem Kurvenverlauf zu tun; siehe oben.

Beim Vergleich mit dem ebenfalls rauscharmen Woodstock fällt mir auf, dass auch dieses etwas lauter ausfällt; hier sind die perkussiveren Mitten weicher als beim Fillmore gefärbt, so dass sich das Maui tonal zwischen diese beiden Stühle setzt.

Soll heißen: Fillmore = obere Mitten, Woodstock = untere Mitten, Maui = irgendwo dazwischen.

Tatsächlich überzeugen mich Fillmore East und Woodstock mit mehr Dreidimensionalität und Wucht; das Maui hat die Nase beim träumerisch-verklärten, satt schmatzenden Phasing vorne.

Bedeutet: Fillmore = geringeres Phasing, Woodstock = mehr Phasing, Maui = am meisten Phasing (aber weniger als ein Fulltone Deja Vibe).

Tja, was machen wir nun daraus? - Fakt ist: Das Maui rauscht, hat einen falsch verdrahteten Switch, ist leiser, flacher und weniger „throbby“; was hat es auf der Plus-Seite zu bieten? - Das vokalere, klatschendere, nassere Phasing, das im positiven Sinne fast etwas komprimiert zu sein scheint, hatte ich ja gerade erst bereits erwähnt.

(Lustig, dass ich all diese Formanten im Vergleich mit dem Deja Vibe eben diesem zugesprochen habe, im Kontrast zu den anderen Sabbadius aber eher das Maui so sehe, bzw. höre.)

Hinzu kommt der ausgeglichenste Frequenzgang, da hier weniger Betonung als bei den beiden mutigeren Mitbewerbern aus gleichem Hause vorherrscht.

Ist mir diese Bilanz nun die knappen 700 Ömmel wert? :kopf_kratz01: - Hmmm, echt schwer zu sagen zum aktuellen Zeitpunkt; der Sammler, der die drei „Hendrix-Gig-Vibes“ gerne zusammen hätte und sich die Retoure sparen mag, diskutiert heiß mit dem Vernunftmenschen in mir, der enttäuscht und ein wenig angesäuert ob der Mängel ist und reklamieren will.

Aber das soll mir für die kommenden Stunden wie Tage erst einmal wumpe sein, da ich so oder so das ewige Hin- und Herwechseln zwischen den drei Amigos kultivieren werde, bis die Birne raucht und ausreichend Erfahrung gewonnen ist. :D

Fazit: Das Sabbadius Funky-Vibe Maui ist ein authentisch klingener Univibe-Klon, der tonal zur Spitze gehört und sicherlich gut zu nennen ist. Allerdings das das Bessere bekanntlich der Feind des Guten, und da mich sowohl Fillmore East als auch Woodstock aus gleichem Hause mindestens technisch spontan mehr überzeugen können und die Mängel des Maui – erhöhtes Rauschen, minimal leiser, falsch verlöteter Switch – nicht aufweisen, ginge meine Empfehlung wohl eher - das leichte Zögern ist dem wirklich märchenhaften Phasing geschuldet :sabber: - in diese Richtung.

Denn: Für 700€ darf ich absolute Makellosigkeit erwarten; Flüchtigkeits- wie Abstimmunsfehler sind in dieser Preisklasse schlicht nicht tolerabel!

Ob ich selbst meinem Rat folge, kann ich derzeit ich nicht absehen, halte Euch hier aber gerne auf dem Laufenden. ;)

Lieben Gruß,

Batz. :smoke01:

PS: Und hier die derzeit verfügbaren Videos:









"Lennon was the soul of the Beatles, Harrison was the spirit, Paul was the heart, and Ringo was the drummer."

- George Martin

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Re: Sabbadius Funky-Vibe Maui

Beitrag von Batz Benzer » Freitag 6. Januar 2023, 10:15

Ich habe das Maui die letzten beiden Tage echt viel beackert, und gestern kam dann im Ewigen Vergleichstest die Erkenntnis, dass das Ding bleiben wird! :thumbs:

Ich musste das Pedal erst einmal "verstehen", einordnen können, um zu sehen, ob es einen Mehrwert für mich hat oder nicht (der Groschen ist kein Sturzbomber ;) ). Hat es; das Phasing ist einfach herrlich!!! :sabber:

Überdies habe ich durch den Vergleich begriffen, dass mir persönlich das Woodstock wohl am meisten liegt; Platz 2 teilen sich Fillmore und Maui. :thumbsup03:

Jetzt hoffe ich, dass Nico Sabbadian so schnell keinen neuen Ableger des Funky-Vibes kreiert; für solche Preise muss ich entweder viel Anlauf nehmen, was verticken oder mich verschulden... :mad01: ;)

Mich würde interessieren, ob Ihr in den beiden Vergleichstests oben meine Erkenntnisse nachvollziehen könnt; leider testet es keiner in der von mir bevorzugten Einstellung (Intensity um die 7, Speed um 3), wo die Unterschiede m.E. auffälliger, klarer sind.

Liebe Grüße,

Batz. :smoke01:
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