Sweet Sound Mojo Vibe

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Batz Benzer
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Sweet Sound Mojo Vibe

Beitrag von Batz Benzer » Dienstag 24. Januar 2023, 09:22

Ich kann mich leider nicht mehr so genau erinnern und frage mich seit Tagen, wie das denn damals mit mir und den Vibes angefangen hatte: Hatte ich zuerst das Dunlop UV-1 oder das Roger Mayer Voodoo Vibe...? - Ich weiß es nicht mehr. Ich weiß nur noch, dass mir das Mayer nach einem Gig geklaut worden ist; war das der Zeitpunkt, da ich mein erstes Mojo Vibe bei Haar in den Niederlanden bestellt hatte...? :kopf_kratz01:

Das muss in den Nullerjahren gewesen sein und irgend etwas um die 350€ gekostet haben; verflixt viel Geld für ein Pedal aus damaliger Sicht! - Plus dem Risiko, im Ausland zu bestellen; jau, das war früher noch ein wenig mehr Abenteuer als heutzutage. ;)

Aber David Hunter hatte das gute Stück in seinem Buch „Guitar Effects Pedals“ derart über den grünen Klee gelobt, dass ich den Eindruck gewonnen hatte, es hier mit dem Besten der Besten zu tun zu haben. Und gespart und vollstreckt.

Als die Kiste dann ankam, war das eher wenig spektakulär: Weiße Kartonage, darin das violette Pedal mit dem unprätentiösen Aufdruck „Mojo Vibe“; immerhin schön klein für damalige, bzw. Univibe-Verhältnisse.

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Bedienelemente hat es hier nicht vieler: In, Out, 9V- wie Expression-Pedal-Anschluss rückseitig, auf der Oberfläche zwei Potis für Volumen und Intensität, ein bestens per Fuß bedienbares Poti für die Geschwindigkeit, ein Mini-Switch für den Chorus/Vibrato-Wechsel, eine im Takt der Modulation pulsierende orange LED sowie der nicht ganz unwichtige Fußschalter bilden die Peripherie.

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(Bildquelle beider Bilder: Audiofanzine)

Im Inneren gibt es dann noch ein Mäuseklavier für den Wechsel zwischen Vintage- und Modern-Mode sowie einen Trimpot für die Intensität der Glühbirne im Inneren, die ihrerseits über Effektstärke- und – im engen Rahmen - Voicing gebietet; das war's!

Pedal-Format wie 9V-Anschluss (plus internes Upscaling auf 18V) sind beides weiland keine Selbstverständlichkeit gewesen und bis heute – neben dem Klang – sicherlich zwei sehr gute Argumente für die anhaltende Beliebtheit des Aggregats.

Denn auch dieser Tage wird das Mojo Vibe immer noch genannt, wenn es um das beliebteste Univibe-Pedal auf dem Markt geht; die Tatsache, dass der Erbauer Bob Sweet 2008 verstorben ist und die Produktion 2020 endgültig eingestellt wurde, trägt gewiss ebenso dazu bei, dass ein gut erhaltenes Exemplar mittlerweile ca. 450€ kostet. Doch ist es das auch wert...?

Nachdem ich das erste Pedal schon vor langer Zeit verkauft hatte und ich letztes Jahr einem Angebot, das zu schön war, um wahr zu sein, nicht widerstehen konnte - und prompt die unfassbar langwierige und komplizierte Rückabwicklung aufgrund eines nicht überhörbaren Defekts an der Backe hatte -, habe ich mittlerweile ein in Optik und Funktion sehr gut erhaltenes Exemplar ergattern können: Aller guten Dinge sind drei! :thumbs:

Ich wusste, bzw. ahnte also, was da klanglich auf mich zukam und war zunächst bass erstaunt, da nach erstem Anschließen ein merkwürdig verbogen wirkendes Signal an meine Ohren drang. Hui, da muss ich doch wohl mal ans Trimpoti ran... jau, so geht’s besser. Aber Moment mal; irgdendwie klingt das immer noch nicht so richtig... oh, ich Volltrottel: Der Mini-Switch steht auf Vibrato! - Also auf Chorus umgestellt, das Trimpoti wieder in Position gebracht... alles gut!

Zu hören gibt es ein effektintensives Signal mit markantem Kurvenverlauf, der sowohl für klar artikulierten Throb als auch ansprechendes Phasing Sorge trägt. Das klingt gleich auf Anhieb weniger „verwaschen“ als mein Deja Vibe, welches im Vergleich verklärter, weniger mittig vor sich hin nuschelt, derweil das Mojo sich wesentlich besser in Mix wie Bandkontext durchzusetzen versteht.

Was u.a. auch die Lautstärke waltet: Bei Vintage-Betrieb boostet das Pedal zwischen 8-9, bei Modern-Auslegung bereits nach 7; ersterer Modus bietet das klassische Klangbild, das näher beim Deja Vibe geparkt ist, der Modern-Modus sorgt für Klarheit durch mehr Höhen, Präsenz und eine Anhebung der Mitten.

Das sind zwei tolle Grundsounds, aus denen wir Musizierende wählen können! :thumbsup03:

Dank bestens austariertem Regelweg reizt der Intensity-Regler die Möglichkeiten maximal aus und bietet sämtliche Schattierungen von leichten über schweres Phasing bis hin zu sanftem Chop Chop-Throb.

Ich erinnere mich, dass ich seinerzeit ein wenig enttäuscht war als ich das Mojo zum ersten Mal ausprobiert hatte: Ich hatte es mir weniger mittig und irgendwie musikalischer vorgestellt und wohl aus diesen Gründen auch wieder verkauft.

Auf alten Aufnahmen und in YouTube-Vergleichen gefiel es mir jedoch immer sehr gut, so dass es mich nach erneutem Aufflammen meiner Univibe-Leidenschaft nicht los ließ.

Und auch bei der dritten Begegnung stellt sich derselbe Effekt erneut ein! - Allerdings relativiert sich dieser sofort im Vergleich mit anderen Vibes; hier entpuppen sich die Throb-Pasing-Balance wie das EQing als Meisterleistung der gesunden Artikulation und Durchsetzungsfähigkeit! :pray01:

Es schmatzt, aber eben nicht alles zu; es throbbt, aber zerfetzt niemals das Klangbild oder moduliert gar zu auffallend spitz. Es agiert höchst musikalisch, aber das verrät es mir erst in besagtem Vergleich, im Bandkontext oder aufgenommen; nicht alleine: Verrückt, oder? - Das weniger Verklärte, Märchenhafte sorgt für perfekte Ortbarkeit! :thumbsup02:

Oder anders gesagt: Entgegen der Namensgebung kommt hier meines Erachtens, wie bei der optischen Erscheinung, weniger Mojo als der immens hohe Praxiswert zum Vorschein. Ein großartiges Werkzeug, das dem Job stets zur allerhöchsten Zufriedenheit erledigt.

Und auf der anderen Seite, keinerlei Nachteile? - Verarbeitung wie Nebengeräuschverhalten sind vorbildlich, und somit gibt es tatsächlich auch nicht den geringsten Anlass zum Meckern.

Bleibt noch der Vergleichstest mit dem Ultra Vibe aus gleichem Hause: Agiert das Mojo in Vintage-Einstellung, kommt es dem Ultra sehr nahe, bleibt aber a) etwas leiser und erreicht b) nicht ganz dessen Tiefe. Steht das Mojo Vibe auf Modern, ist dieses lauter und reicht frequenztechnisch weiter in Bässe- und Höhenbereich, was es in Sachen Tiefenwirkung mindestens auf Augenhöhe bringt.

Oder anders gesagt: Magst Du das Mojo in Vintage-Einhstellung, ist das Ultra klanglich vielleicht die bessere Wahl. Stehst Du auf Modern, ist das Mojo Dein Vibe!

Fazit: Klanglich wie funktionell hat das Sweet Sound Mojo Vibe nichts von seiner Faszination eingebüßt und agiert auf Augenhöhe mit den besten Univbe-Kopien unserer Zeit; ein tolles Werkzeug, das jeden Vibe-Job zur höchsten Zufriedenheit erledigt.

Lediglich das Gefühl einer „musikalischen Magie“ mag sich hier nicht so recht einstellen, obgleich es sich schon organisch mit dem Musizierenden verbindet und inspiriert; ist allerdings auch die Frage, ob jene Magie unterm Strich solch gute Ergebnisse vorzubringen in der Lage ist oder eher sang- wie klanglos unterzugehen droht.

Uneingeschränkte Kaufempfehlung, wenn denn jemand ein Exemplar abzugeben hat und einen die ca. 450€ nicht schrecken. :thumbs:

Und wie schön, das Bob Sweet so noch lange Zeit nicht vergessen sein wird! :pray01:

Lieben Gruß,

Batz. :smoke01:
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Re: Sweet Sound Mojo Vibe

Beitrag von Wizard » Dienstag 24. Januar 2023, 10:53

Tolles Review, Batz! :thumbsup03:

Ich schrob es schon des öfteren: so wie du die Dinge beschreibst, höre ich den Sound innerlich bereits - ein YT Check, den ich gleich machen
werde, wird das bestätigen.
Wenn man einen Effekt besonders liebt, ist es durchaus eine herausfordernde Aufgabe, sich der maximalen FX-Güte zu nähern, kostet zwar
Kohle, aber so ist das nun mal.

Respekt Respekt für deine Suche nach dem Gral - und Thanx für die gute Unterhaltung :smoke01:
Gruß Peter

immer noch aktuell: >>> leben und leben lassen <<<

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Re: Sweet Sound Mojo Vibe

Beitrag von Batz Benzer » Dienstag 24. Januar 2023, 11:02

Ja, die Leidenschaft, die Leiden schafft... :D

Irgendwie fühlt sich Die Sammlung (TM) nicht vollständig an ohne ein Mojo Vibe. 8-)

Somit ist auch "der Gral" eben jene Sammlung, die Vielfalt, bzw. das Wissen und Vergleichen Können; hierfür bin ich dem Leben echt dankbar! :pray01:

Lieben Gruß, mein Vibe-Bruder im Geiste,

Batz. :prost:
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Re: Sweet Sound Mojo Vibe

Beitrag von Batz Benzer » Dienstag 24. Januar 2023, 14:11

Ich habe das Mojo mit dem Ultra verglichen und den Text um folgende Passage ergänzt:
Der olle Sack hat geschrieben:Bleibt noch der Vergleichstest mit dem Ultra Vibe aus gleichem Hause: Agiert das Mojo in Vintage-Einstellung, kommt es dem Ultra sehr nahe, bleibt aber a) etwas leiser und erreicht b) nicht ganz dessen Tiefe. Steht das Mojo Vibe auf Modern, ist dieses lauter und reicht frequenztechnisch weiter in Bässe und Höhen, was es in Sachen Tiefenwirkung mindestens auf Augenhöhe bringt.

Oder anders gesagt: Magst Du das Mojo in Vintage-Einhstellung, ist das Ultra klanglich vielleicht die bessere Wahl. Stehst Du auf Modern, ist das Mojo Dein Vibe!
Lieben Gruß,

Batz. :smoke01:
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