Bei Dr No-Kreationen beginnt das bei mir - zwar nicht immer, aber häufig genug, um es als Regelmäßigkeit erkannt zu haben – damit, dass ich die jeweilige Gerätschaft optisch als Kracher empfinde, sie klanglich jedoch... ööh, jetzt nicht, euphemistisch ausgedrückt, als „meine erste Wahl“ bezeichnet hätte.
Dabei klingt es in Videos anderer Leute meist überzeugend, aber nicht vorm heimischen Amp in – und hier wähne ich den Hasen im Pfeffer – Zimmerlautstärke.
Zur "Ehrenrettung" Dr. Nos sei an dieser Stelle angemerkt, dass das alles wohl klassische Schaltungen in definitiv allerbester Qualität sind und ich bei der ein oder anderen Schönheit erst im Laufe der Zeit gelernt habe, wie sie anzuwenden ist.
Und da es auch im Fall des hier vorzustellenden Elaborats ganz genau so begann, blieb ich nach erstem Ers... taunen geschmeidig, denn ich weiß ja nun mittlerweile, dass sich mit jedem Dr. No-Spaß eine Lernkurve meinerseits verbindet.
„11:11 Collaboration with Alain Johannes Pedal“ heißt das Zauberkistchen, um das es hier gehen soll, mit vollem Namen; erbaut im Jahre 2016 des Herrn und jetzt im Rahmen des „Analog Imaginarium“ - eines Spezialitäten-Shops abseits der herkömmlichen Dr No-Shop-Offerten - zu insgesamt 10 Stück angeboten, die vorher acht Jahre lang im Archiv schlummerten; „New Old Stock“, wie es z.B. bei Fender hieße.
Tja, die Mail mit dieser Information schlug bei mir wie eine Bombe ein, da ich dieses Pedal schon lange in der Sammlung haben wollte, es aber – auf 121 Exemplare limitiert – ausverkauft war; daher hatte ich mich sehr gefreut, sofort zugeschlagen und infolge dessen eine Menge anderer Pedale verkauft, um den immerhin 487€ teuren Ziegel zu stemmen.
Eigentlich hätte er bereits am 02. März 2024 verschifft werden sollen; aber der Doc wollte aus Gründen der nationalen Sicherheit nochmal ran und hat das ein oder andere Bauteil ausgetauscht, und zum Trost gab's ein T-Shirt in Wunschgröße, welches dem Karton - neben dem Pedal selbst, einer beeindruckenden Menge der üblichen Dr No-Goodies sowie einer unangekündigten Alain Johannes-DVD – beilag: So gehen Service und Kundenbindung!
Und jetzt wohnt eines dieser Exemplare bei mir, denn gestern kam sehnlich erwartete Post aus Frankreich, wo sich der Doc mittlerweile seinen Workshop eingerichtet hat.
Was issen denn nun überhaupt? - Es nennt sich Booster/Filter und ist ein Booster-Fuzz mit ingetriertem „cocked Wah-Effekt“ im engen Spektrum der oberen Mitten, durchdringend, bisweilen schrill und daher immer durchsetzungsfreudig as fuck.
Aber ich greife vor und möchte mir an dieser Stelle die Beschreibung des okkult thematisierten Äußeren in Verweis auf die Bilder, von denen bekanntermaßen bereits eines mehr als 1000 Worte spricht, bitte sparen dürfen; vielen Dank!
Kommen wir zu den Regelelementen: Mit dem linken Fußschalter wird der Booster aktiv geschaltet (gelbe LED): Hier sind die Regelmöglichkeiten Fuzz, Volume, Hoodoo und Voodoo, wohinter ich so etwas wie Höhen/Mitten und Bässe wähne, mir aber alles andere als sicher bin.
Ist auch weniger wichtig als die Tatsache, dass, im Rahmen des gewünschten Grundsounds, ausreichend Möglichkeiten vorliegen, das Pedal auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen.
Und da es ein Booster ist, habe ich es vor eine Verzerrung, hier durch Pedale generiert, gepackt, vorher aber auch mal alleine für sich gehört; und da fangen wir an:
Bäh, wat fies: Ein sprödes, knörziges, grobkörniges, großporiges, rissig-bröckeliges Kotze-Fuzz in Wolle! Wenn „Fuzz“ ganz aufgedreht ist, wohlgemerkt; je weiter der Regler zurück geregelt wird, desto klarer, aber immer geschmackvoll unterfüttert, wird der Clean-Sound der Strat: Ja DAS ist wirklich, wirklich schön im Sinne eines klassischen Immer-An-Effekt, zumal das altvertraut und stets als gut befundene Klangbild im Direktvergleich erschreckend dünn daher kommt, sobald das Gerät ausgeschaltet ist: WOW!!!
Ist fast so als hätte ich plötzlich tierisch Druck auf den Ohren, so dass nur noch die Höhen durchgelassen werden: Verrückt!
Warme Mitten, geschmackvoll komprimierter Anschlag-Attack wie milder Höhen-Roll Off, garniert mit einer herrlichen Prise willkommener Sustain-Verdichtung, vermählt dieses Effektgerät zu einem grandiosen Clean-Ton zum Niederknien: Ich höre Sasha Ivantic!
Mit derselben Einstellung – in meinem Fall Fuzz auf 12h, Volumen ganz auf, Hoodoo ebenso und komplett zugedrehtem Voodoo-Regler – gibt es dasselbe Klangerlebnis mit der nachgeschalteten Verzerrung: Eine perfekte Unterfütterung, so dass die Gitarre nicht mehr schrillt, sondern BRÜLLT und von der kreischenden Kettensäge zum mächtig röhrenden Monster-Truck mutiert! Das tönt FETT, FETT, FETT nach Amp und kochender Endstufensuppe, mittig-verdichtet ohne dabei Agilität einzubüßen, so dass die Tin Whistle zur Trompete, die Waltons-Auto-Hupe zum Ozeandampfer-Tuten und aus Terence Hill Bud Spencer wird!!!
Oder anders herum gesagt: Auch in dieser Anwendung darfst Du das Pedal mit den komischen Namen keinsfalls mehr ausschalten; die Muskeln platzen wie Ballons, es wird superdünn und macht einfach keinen Spaß mehr!
Apropos Spaß: Spiele ich jetzt mit Gain, Hoodoo, Voodoo und Volumen, kann ich viele böse dunkle Fuzz-Sounds, die sich am Ende selbst verschlucken und in Frequenzanteilen auslöschen, die furzen und knarzen, realisieren!
Bleibt diese linke Seite der Gerätschaft dabei aber immer auf der eher dunklen wie tiefen Seite der Macht, bietet die rechte Seite per Tritt (grüne LED) näselnde, nöhlige, beißende, ätzende und trötende Klangerlebnisse, die zweifelsohne hell, hoch und damit ausgleichend zum Kollegen wirken: Durchsetzungsfähigkeit ist jetzt jedenfalls kein Problem mehr!
Dabei bietet der zentral angesiedelte silberne Vogelschädel fünf sich teilweise überschneidende Frequenzbereiche, die mit dem rechten kupferfarbenen Flattermann-Totenkopf ausgelotet werden können: Abgefahren, hübsch-hässlich und meist sehr durchsetzungsfreudig. Auch geht so z.B. „Money for Nothing“ sehr gut, und der Schenker-Cocked-Wah-Trick ebenso; ein spezialgelagerter Effekt eben.
Wer NUR diesen einen Effekt sucht und keinen Booster benötigt, wird beim Doc übrigens auch unter "The Raven“ fündig.
Bevor wir zum Ende kommen, wären zwei Fakten aus meiner Sicht noch unbedingt erwähnenswert: Mit oben beschriebener Einstellung addiert es leider auch deutliches Rauschen zum verzerrten Ton.
Dafür reagiert das Gitarren-Volumen sehr gut aufs Pedal und beeinflusst den Zerrgrad ohne Höhenverlust auf höchst musikalische Art, dass es nur so eine Freude ist.
Fazit: Came for the looks, stayed for the fun: Ist das alles dennoch 487€ wert? - Das kann meines Erachtens nicht objektiv beantwortet werden, das muss jeder mit sich selbst ausmachen; es gibt effektiveres Gerät zu sehr viel günstigeren Preisen.
Aber ein optisch interessanteres, verschrobeneres und gleichzeitig edleres, charaktervolleres Stück Equipment dürfte schwer zu finden sein. Und wenn doch, stammt es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch von Dr. No.
Und wer zufällig einen solchen Booster für clean wie Verzerrung plus Cocked-Wah-Effekt suchen sollte, findet hier analog und von Hand gebaut ganz genau das, was er begehrt!
Lieben Gruß,
Batz.
PS: Hier geht's zum Produkt für mehr Infos und Hintergründe: https://shop.drno-effects.com/product/t ... on-effect/
Und hier gibt es noch "jet zu hüüre un' ze luure", wie der Rheinländer spricht:
Dr. No 11:11 Collaboration with Alain Johannes Pedal
- Batz Benzer
- Beiträge: 19483
- Registriert: Montag 13. Oktober 2014, 18:18
- Wohnort: Sonic Marshall City
Dr. No 11:11 Collaboration with Alain Johannes Pedal
"Lennon was the soul of the Beatles, Harrison was the spirit, Paul was the heart, and Ringo was the drummer."
- George Martin
- George Martin
Re: Dr. No 11:11 Collaboration with Alain Johannes Pedal
Moin Batz, Review und Bilder sind 1A, das Gerät selbst ist sehr verführerisch. Deine Betrachtungen sind immer wieder sehr lesenswert;
man weiß genau was einen erwartet Thanx für die Mühe
man weiß genau was einen erwartet Thanx für die Mühe
Gruß Peter
immer noch aktuell: >>> leben und leben lassen <<<
immer noch aktuell: >>> leben und leben lassen <<<
- Batz Benzer
- Beiträge: 19483
- Registriert: Montag 13. Oktober 2014, 18:18
- Wohnort: Sonic Marshall City
Re: Dr. No 11:11 Collaboration with Alain Johannes Pedal
Das freut mich, Peter; danke!
"Lennon was the soul of the Beatles, Harrison was the spirit, Paul was the heart, and Ringo was the drummer."
- George Martin
- George Martin
Re: Dr. No 11:11 Collaboration with Alain Johannes Pedal
hab mir das alles angehört und -geschaut. schön schön. es löst allerdings keinen auf das vorgestellte gerät bezogenen kaufanreiz aus, sondern einen anderen, aber ebenso abseitigen wunsch
bin jetzt bereit für den nächsten schritt, den nächsten level auf dem weg zur dunklen seite der gitarristik. ich möchte mir ein pedal kaufen, das ich schon im besitz und anschließend verscherbelt hatte.
und zwar die fuzz factory
ein gerät mit unglaublich vielen nuancen, das einen immer wieder überraschen konnte. die damals bei mir eingetretene posttraumatische effektkettenstörung hat der hier vorgestellte, zum pedal gewordene friedhof der hitchcock-vögel wieder getriggert.
bin jetzt bereit für den nächsten schritt, den nächsten level auf dem weg zur dunklen seite der gitarristik. ich möchte mir ein pedal kaufen, das ich schon im besitz und anschließend verscherbelt hatte.
und zwar die fuzz factory
ein gerät mit unglaublich vielen nuancen, das einen immer wieder überraschen konnte. die damals bei mir eingetretene posttraumatische effektkettenstörung hat der hier vorgestellte, zum pedal gewordene friedhof der hitchcock-vögel wieder getriggert.
You won´t part with yours either
- Batz Benzer
- Beiträge: 19483
- Registriert: Montag 13. Oktober 2014, 18:18
- Wohnort: Sonic Marshall City
Re: Dr. No 11:11 Collaboration with Alain Johannes Pedal
Jau, da haste Recht: Großartiges Teil, das durchaus mit dem fazitären "günstiger und vielseitiger" gemeint gewesen sein könnte.
Aber natürlich auch eine ganze andere Baustelle.
Aber natürlich auch eine ganze andere Baustelle.
"Lennon was the soul of the Beatles, Harrison was the spirit, Paul was the heart, and Ringo was the drummer."
- George Martin
- George Martin