Made in China - Schwachstellen im Finish....

Vorangekündigte und noch unbekannte Objekte der Begierde, Vorsicht: Kann Spuren von G.A.S. enthalten!
THB
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Made in China - Schwachstellen im Finish....

Beitrag von THB » Sonntag 25. Oktober 2020, 09:00

Inspiriert durch ein Statement von Ingolf
„ Was Kostendruck angeht: Man muss halt schauen, was man kauft.
Ein echter Vollröhrenamp made irgendwo in Asia, der nur 400.- Euro kosten soll, muss eigentlich Schwächen im Finish haben.“
und durch die beiden Nerdville-Videos und Joe Bonanassa und insbesondere durch ein Equipment Video von J.D. Simo komme ich zu der Frage:

Sind es im Prinzip nicht die Schwachstellen, die musikalische Identität und auch den eigenen Sound prägen?

Kleine Amps, die nicht laut genug waren und von Jimmy Rogers, Elmore James oder Earl Hooker und Hubert Sumlin in die Sättigung getrieben wurden. Sind es nicht die Harmonys und Silvertones, die diesen prägenden Sound gemacht haben? (Vgl. J. D. Simo Video).

Was wäre wenn E.C. Nicht Freddie King und seine Les Paul, sondern Jimmy Reed und seine Schraubhals Les Paul Kopie zum Vorbild genommen hätte? Wie würde Nerdville dann aussehen? Ich finde es spannend, was Joe B. Mit seinem „historischen Anspruch“ (vgl. Terry Reid Tele oder Tommy Bolin Les Paul) da ausblendet? Warum nicht auf die Suche nach den Instrumente derer gehen, die den British Blues Boom der Sechziger als Vorbilder geprägt haben... der Generationssprung klappt irgendwie nicht....

Erst in den letzten Jahren findet eine Rückbesinnung auf weniger Watt statt. Wo früher ein Fullstack Ziel der Begierde oder State of the Art war, tut es heute ein SV 20 mit einem Viertel so viele Lautsprecher...., meist made in China...., der Sound kommt sowieso aus einer Batterie handgefertigter Boutique Treter, die ja auch von den Großen der Sechziger Jahre genutzt wurden....

Das Nachdenken darüber, das der Train Kept A Rollin Sound von Paul Burlison mit nur einigen Marshall Halfstacks in der Royal Albert Hall schwerlich zu erzielen war/ist, bleibt auf der Strecke. Da klemmen wir lieber eine hochpreisige Tonebender Kopie mit N.O.S. Parts vor unser Minitop...

Das bringt mich zu der Frage, wo in der ganzen Suche nach dem Holy Grail von Sunburst Les Pauls (ich kann mittlerweile diese wunderschöne in Tea, Lemon, und was weiß ich Burst nicht mehr sehen) und den Friedmännern dahinter die Individualität und vor allem die Innovation im Gitarrensound bleibt.... Nach Marshall Clone gibt es jetzt ja auch einen Led Zeppelin Clone (womit ich weder was GEGEN Friedman noch Greta van Fleet gesagt haben möchte....)

Seit Eddie van Halen ist da irgendwie tote Hose in Entwicklung?

Michael Bloomfield war derjenige, der Billigequipment suchte, so die Berichte: erst alte Tele, dann stieg der Preis, weil er sie benutzte, dann Les Paul Goldtop mit P-90, gleiches Spiel und dann Sunburst.... beendet hat er Karriere und Leben mit einer Norlin Made Gibson Les Paul Custom und einer 70s Strat mit Dreipunktbefestigung....

Wann kommt der Mensch, der zu seinem Sub Zero Röhrenamp (hallo Andrea) steht oder seine Karriere auf der Yamaha Pazifica als Guitarhero startet und das Instrument behält, wie einst Rory seine Strat?

Und welchen Beitrag leistet die Fachpresse mit den anzeigengesteuerten Tests, bzw. der Erquickment Auswahl?

Wie seht Ihr das in einem Equipment-Diskussionslastigen Forum?
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Duke

Re: Made in China - Schwachstellen im Finish....

Beitrag von Duke » Sonntag 25. Oktober 2020, 09:49

THB hat geschrieben:
Sonntag 25. Oktober 2020, 09:00
...
Sind es im Prinzip nicht die Schwachstellen, die musikalische Identität und auch den eigenen Sound prägen?
...
Denke, es ist immer die Persönlichkeit des Players, die den Sound prägt.

Technische Hilfsmittel sind wichtig, da sie das Leben erleichtern. Heute hat man leistungsstarke PA, damit werden Fullstack-Orgien irgendwie überflüssig.
Wenn man das trotzdem nutzt, geht es um den Wohlfühlfaktor - eh das Wichtigste.

Zu glauben, dass man wie Elmore James klingt (mal ehrlich, warum sollte man das wollen :kopf_kratz01: ), wenn man sich eine olle Kay kauft und irgendeinen Megnatone-Amp, ist doch eine Illusion.
Elmore würde heute über eine akzeptable Epiphone + Blues Junior genauso bzw. besser klingen als damals.

Aufnahmetechnisch würde ich mir die ganzen alten Bluesleute viel lieber mit besserem Equipment aufgenommen anhören.
Bei aller Liebe zu deren Werk, klingen die Aufnahmen oft doch mehr als bescheiden.
Zuletzt geändert von Duke am Sonntag 25. Oktober 2020, 11:35, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Made in China - Schwachstellen im Finish....

Beitrag von Ingolf » Sonntag 25. Oktober 2020, 11:26

Ich glaube, wir vermischen da gerade zwei Dinge:
1. der zusammengestrickte Billo- Röhrenamp aus China mit billigsten Teilen, der nur bis zur nächsten Ecke hält (ich übertreibe bewusst!), aber dem Käufer das oberflächliche Gefühl vermittelt, dazuzugehören zum Kreis der "Röhrenampspieler"

2. Was du, THB, aber eigentlich meinst, ist, dass durch Programmierbarkeit/Reproduzierbarkeit von Sounds (die alle AMTLICH klingen müssen, alle Modeler z.B. müssen die üblichen Verdächtigen der Amp- Historie vorhalten) im Endeffekt eben auch vieles gleich/ähnlich oder austauschbar klingt.

Früher musste mit dem Amp und der Gitarre aufgenommen werden, die gerade zur Verfügung standen und das Ergebnis war meist höchst individuell. Heute wird noch nicht einmal der Record- Knopf gedrückt, bevor nicht der amtliche Sound steht, das amtliche Preset ausgewählt ist.

Uwe hat aber auch Recht. Früher war ich ein armer Student und konnte mir Originale nicht leisten. Bei den Gitarren wars nicht so schlimm, ich hatte halt eine Fenix und eine Ibanez Blazer statt einer Fender Strat.
Bei den Amps andererseits: Ich wünschte mir, ich hätte mir früher einen AC 30 oder einen JCM 800 leisten können. Und ich hätte mich nicht mit billigen 4- Spur- Cassettenrecordern rumplagen müssen zum Aufnehmen.

War aber trotzdem ne schöne Zeit. ;)

Andrea Joy

Re: Made in China - Schwachstellen im Finish....

Beitrag von Andrea Joy » Sonntag 25. Oktober 2020, 11:36

, aber dem Käufer das oberflächliche Gefühl vermittelt, dazuzugehören zum Kreis der "Röhrenampspieler"
:roll: muss ich noch was dazu sagen? ..bestimmt nicht bös gemeint von Dir ...aber äh... ein Billig Röhrenamp klingt nach Röhre und gut. Die Haltbarkeit kann eine andere Sache sein ..."kann".

LG Andrea

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Re: Made in China - Schwachstellen im Finish....

Beitrag von Ingolf » Sonntag 25. Oktober 2020, 11:50

Andrea Joy hat geschrieben:
Sonntag 25. Oktober 2020, 11:36
, aber dem Käufer das oberflächliche Gefühl vermittelt, dazuzugehören zum Kreis der "Röhrenampspieler"
:roll: muss ich noch was dazu sagen? ..bestimmt nicht bös gemeint von Dir ...aber äh... ein Billig Röhrenamp klingt nach Röhre und gut. Die Haltbarkeit kann eine andere Sache sein ..."kann".

LG Andrea
Liebe Andrea, wenn du meinen Beitrag gelesen hast, der eine Fortsetzung aus dem "Vorfreude"- Thread ist, solltest du wissen, dass ich die Haltbarkeit und Wertigkeit meine (und nichts anderes). ;)
Dort haben wir über Verarbeitungsqualität bzw. deren Mangel bei Kostendruck unterhalten.

Andrea Joy

Re: Made in China - Schwachstellen im Finish....

Beitrag von Andrea Joy » Sonntag 25. Oktober 2020, 12:29

Ich habe jetzt mal versucht deine Äußerung ein wenig anders einzuordenen Ingolf und bin dahintergekommen das du damit evtl. einen Marketingaspekt verdeutlichen wolltest :banana02:

LG Andrea

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Re: Made in China - Schwachstellen im Finish....

Beitrag von Ingolf » Sonntag 25. Oktober 2020, 12:37

Andrea Joy hat geschrieben:
Sonntag 25. Oktober 2020, 12:29
Ich habe jetzt mal versucht deine Äußerung ein wenig anders einzuordenen Ingolf und bin dahintergekommen das du damit evtl. einen Marketingaspekt verdeutlichen wolltest :banana02:

LG Andrea
Yep. :banana02:

THB
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Re: Made in China - Schwachstellen im Finish....

Beitrag von THB » Sonntag 25. Oktober 2020, 12:39

Ingolf hat geschrieben:
Sonntag 25. Oktober 2020, 11:26
Ich glaube, wir vermischen da gerade zwei Dinge:
1. der zusammengestrickte Billo- Röhrenamp aus China mit billigsten Teilen, der nur bis zur nächsten Ecke hält (ich übertreibe bewusst!), aber dem Käufer das oberflächliche Gefühl vermittelt, dazuzugehören zum Kreis der "Röhrenampspieler"

2. Was du, THB, aber eigentlich meinst, ist, dass durch Programmierbarkeit/Reproduzierbarkeit von Sounds (die alle AMTLICH klingen müssen, alle Modeler z.B. müssen die üblichen Verdächtigen der Amp- Historie vorhalten) im Endeffekt eben auch vieles gleich/ähnlich oder austauschbar klingt.
1. Naja, ich denke schon dass es das was Du Übertreibung nennst gibt. Ich hatte einmal einen unter vierhundert Euro Fame mit einer Marshall JCM 800 Vorstufe und zwei EL 84 in der Enstufe. Also Billo China Amp. Bierschinken hat ein Powerscaling eingebaut und den AÜ auf Hammond gewechselt - er hatte freie Hand, die Bauteile auszuwechseln. Das war seiner Auffassung nach nicht notwendig...., WIMA Kondensatoren etc..... also warum muss da Marshall draufstehen....

2. Mir fehlt die Innovation, die sich nicht nur ala Jack White in der Anschaffung von Alt-Equipment -wobei er ja nun wohl EVH-Gitarren spielt- spiegelt, sondern auch der Einfluß zur Erweiterung des Kreises der "üblichen Verdächtigen". Ich finde, dass dies ein spannender psychologischer Prozeß ist. Auch mir ware lange Jahre wohler, ein weißes M.... hinter mir zu haben, bis die Qualität nachließ (z.B. MDF-Gehäuse bei der 1936)...

Einen der tollsten Gitarrensounds hatte zu Schülerzeiten nicht nur mein Gitarrenlehrer, sondern auch ich selber mit dessen Gitarre und Amp: Eine Ibanez Artist über einen Hohner Combo - zum kaufen ein NoGo trotz der günstigen Preise: Das Ziel war Gibson Les Paul Custom und 100 Watt Marshall (beides gekauft, eine 1974er Les Paul (knapp 3000 Mark) kurierte mich für die nächste 38 Jahre eine Gitarre der Firma Gibson zu kaufen, der Marshall (roter 100er Super Bass für 1000 Mark) war toll, ricthtig gut klang er mit einem Vox Escort (mein erster Amp, defekt für 20 britische Pfund gekauft) als Preamp... die Hohner/Ibanez Kombi klang im Direktvergleich besser... zur Umsetzung zulassen konnte ich das nie.... schon die Heritage Les Paul zu kaufen - mit der Kopfplatte...... ein Angang....

Geht es nur mir so?
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Re: Made in China - Schwachstellen im Finish....

Beitrag von Ingolf » Sonntag 25. Oktober 2020, 13:13

THB hat geschrieben:
Sonntag 25. Oktober 2020, 12:39

1. Naja, ich denke schon dass es das was Du Übertreibung nennst gibt. Ich hatte einmal einen unter vierhundert Euro Fame mit einer Marshall JCM 800 Vorstufe und zwei EL 84 in der Enstufe. Also Billo China Amp. Bierschinken hat ein Powerscaling eingebaut und den AÜ auf Hammond gewechselt - er hatte freie Hand, die Bauteile auszuwechseln. Das war seiner Auffassung nach nicht notwendig...., WIMA Kondensatoren etc..... also warum muss da Marshall draufstehen....
Aber dann ist es doch schön, wenn sich die etwas billigere Verarbeitung, die du in dem anderen Thread an den günstigen Vox AC 10 und AC 4 angesprochen Und bemängelt hast, sich nicht wie ein roter Faden durch alle Amps dieser Preisklasse zieht.

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Magman
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Re: Made in China - Schwachstellen im Finish....

Beitrag von Magman » Sonntag 25. Oktober 2020, 13:55

Es gibt meiner Erfahrung nach schon auch einige gute Amps in der unteren Preisregion aus fernöstlichen Länden. Allerdings tragen diese auch eher unbekannte Namen. Sie wollen zeigen das es auch anders geht. Ich hatte selbst viele davon. Die großen Marken wie F, M, oder V wollten da unten halt aber auch mitmischen, weil es gerade da das Geld zu verdienen hab. Also fertigte man auch im fernen Land, was ihnen mMn aber ganz und garnicht gut tat und dann eher dem sonst guten Ruf schadete. Bekannte Hülle, eher bescheidene Fülle :P
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