Richtig gute Gitarren-Sounds mit GR5 möglich?

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Magman
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Re: Richtig gute Gitarren-Sounds mit GR5 möglich?

Beitrag von Magman » Freitag 8. April 2016, 18:28

Mein Freund Jörg, einigen noch unter dem "Pfälzer" bekannt hatte da mal was verfasst, was wohl hier helfen könnte. Er hat mir erlaubt, es hier für euch zu veröffentlichen.
Optimierung von Guitar Rig 5:

1. Intro:

Spielgefühl und Soundqualität bei Verwendung von Software/Hardware, die Equipment digital nachbilden, hängt in erster Linie von der Qualität der Boxensimulation ab. Gute, auf die Dynamik des Gitarristen reagierende Boxensimulationen werden heute in allererster Linie durch Verwendung von Impuls Responses (kurz: IR) erzielt. Deshalb vermitteln Geräte wie der KPA oder das Axe-FX II, die IRs verwenden, ein wesentlich besseres Spielgefühl (und klingen auch viel besser) als Geräte, bei denen die Boxensimulation filterbasierend ist (wie z.B. bei Line6).
Seit dem es gute IRs gibt (und genug Rechenpower erhältlich ist, um sie im Rahmen einer großen Produktion auch problemlos und latenzfrei zu berechnen), habe ich in allen Produktionen, die ich als Gitarrist und als Toningenieur gefahren habe, fast ausschließlich Plugins für Recording eingesetzt; und das mag inzwischen bei 80% aller professionellen Produktionen der Fall sein....


2. Workaround für Guitar Rig 5:

Leider wird bei Guitar Rig 5 bei Laden eines Amps automatisch das "matching cabinet" mitgeladen. Die "matching cabinets" beruhen auf altenfilterbasierenden Boxensimulationen. Benutzt man die "Matching cabinets", ist das Spielgefühl sehr unnatürlich und indirekt, und der Sound bedeckt (vor allem bei Cleansounds) und undynamisch.

Guitar Rig 5 hat aber eine große Portion bester IR-Boxensims dabei, die übrigens von Red Wirez, dem Marktführer bei IRs, stammen (diese werden z.B. auch im Axe II verwendet).
Um an diese IRs zu kommen, muss man das "matching cabinet" entfernen (Rechtsclick auf das Cabinet und "delete selected" wählen) und statt dessen den "Control Room Pro" laden. Dazu wählt man auf der linken Seite der Oberfläche von GR5 den Schalter Components und dann "Cabinets". Jetzt zieht man den Control Room Pro"(WICHTIG: Nicht den Control room, sondern "control room PRO") auf die gewünschte Position im Signal Flow.
Jetzt hat man die Auswahl zwischen etwa 20 verschiedenen Boxenmodellen, bei jedem wiederum verschiedene Mikrofontypen und Positionen. Für cleane Sachen ist z.B. die "2x12 twang" mit einem "dyn421"-Mikro auf der Mittelposition sehr lecker, für crunch sollte man z.B. mal die "4x12UK 60' green" mit dem "Rib121" Micro benutzen.
WICHTIG: Man sollte die Qualität von GR5 auf "hi" stellen (in der rechten oberen Ecke der GR5-Oberfläche, direkt links neben dem NI-Zeichen).

Benutzt man die Redwirez-IRs aus dem Control Room pro und GR5 im Hi-Quality-Mode, sollte sowohl die Soundqualität als auch Spielgefühl extrem nahe an der "Realität" sein...zumindest hat sich noch keiner meiner Kunden in irgend einer Form beschwert.
Bild
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partscaster
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Re: Richtig gute Gitarren-Sounds mit GR5 möglich?

Beitrag von partscaster » Freitag 8. April 2016, 18:42

Magman hat geschrieben:Mein Freund Jörg, einigen noch unter dem "Pfälzer" bekannt hatte da mal was verfasst, was wohl hier helfen könnte. Er hat mir erlaubt, es hier für euch zu veröffentlichen.

Danke Martin (und Jörg)!

Die mitgeladenen Boxen mit dem Control Room Pro tauschen ist immer meine erste Amtshandlung gewesen. Das ist schon was anders. Die "Eingangsstufe" ist dann leider noch immer nicht so richtig toll. Und auf Hi-Qualitiy habe ich auch gestellt. :|

Grüße
Michael

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Re: Richtig gute Gitarren-Sounds mit GR5 möglich?

Beitrag von partscaster » Freitag 8. April 2016, 20:58

Der gute Pfälzer hat mir nochmal ein paar Tipps per Mail geschickt :thumbsup03: , wovon ich jetzt mal etwas ausporbiert habe. Leider habe ich nur die Demo auf meinem Laptop, sodass ich nach 30 Minuten immer von vorn beginnen darf... wer sich sowas audenkt... :irre01:

Also was schon mal viel bringt, ist mit dem Eingangspegel zu experimentieren. Ich habe den Pegel am Interface stark angehoben und dafür den im GR abgesenkt. Dann reagiert die Software schon mal anders. Außerdem habe ich das Gate am Eingang abgeschaltet.

Dann habe ich ein wenig mit Boxen rumprobiert. Mit dem Splitter mal zwei Boxen "angeschlossen" und einer davon mit einem EQ die etwas fiesen Frequenzen mitgegeben, die ein echter Amp so vorm Speaker hat, außerdem ein Low Cut. Schon klingt das viel "echter".
Irgendwie klingen die Simulationen (das geht mir oft bei Modelern auch so) eine wenig zu breitbandig und schön.

Ich überlege, mir eventuell einen kleinen Übungscombo hinzustellen, um ein wenig mehr "richtigen" Amp Sound im Raum zu haben. Mal sehen ob das mit der Latenz der Software zusammen geht.

Ach ja: Mit einem Super Hard On zwischen Gitarre und Interface - ohne zu boosten - bekommt man das Siganl etwas transparenter.

So richtig wie ein Amp im Raum ist das noch nicht, vor allem was die Reaktion auf Volumen Potis angeht, aber ich hoffe mit ein bisschen basteln da noch etwas rausholen zu können.
Vielleicht sollte man in so einem Fall auch ein (virtuelles) VolumePedal nutzen.

Mal sehen!

Grüße
Michael

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Ingolf
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Re: Richtig gute Gitarren-Sounds mit GR5 möglich?

Beitrag von Ingolf » Freitag 8. April 2016, 21:56

Sorry, ich muss bei soviel Fundamentalismus mal kurz reingrätschen.
oldie but goldie hat geschrieben:"Richtig gute Gitarrensounds" sind mit keinem VSTi oder Modeler möglich ( auch nicht mit dem Kemper ! auch wenn hier vielleicht jemand anderer Meinung ist)
Ja hier. Und wie.
Und nicht nur ich, sondern auch beispielsweise Michael Wagener, der im Kemper- Trailer auf der letztjährigen Musikmesse in Frankfurt erzählte, dass er mittlerweile seine Amps kaum noch anschaltet fürs Recording. Und MW weiß schon, wovon er spricht. Ist ja auch kein unbedeutender Studiobesitzer. 8-)
https://www.youtube.com/watch?v=32kBaZFPzHs


Ansonsten kann ich persönlich für Aufnahmen wirklich S-Gear empfehlen.
Am Wichtigsten für ein gutes Spielgefühl sind aus meiner Sicht aber Direktmonitoring und die Verwendung von Monitoren nicht kleiner als 8".

partscaster
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Re: Richtig gute Gitarren-Sounds mit GR5 möglich?

Beitrag von partscaster » Samstag 4. Juni 2016, 15:52

Ich habe mich jetzt die letzten Wochen nochmal intensiver mit diverser Software auseinandergesetzt. Wichtig ist tatsächlich, dass man den Eingangspegel im Auge behält. Außerdem stellte sich heraus, dass das Spielgefühl und die Reaktion von Interface zu Interface doch sehr unterschiedlich ist.

Für Scuffham S-Gear habe ich mir extra nochmal ne andere Festplatte in mein alte Notebook geschraubt, um die Demo testen zu können. Die Amps klingen richtig gut und fühlen sich auch gut an, die magere Austattung an Effekten und die fehlende Möglichkeit Reverb etc. auch mal VOR die Amps legen zu können, fand ich etwas sehr eingeschränkt. Aber trotzdem handelt es sich um ein feines Programm.

Amplitube ist durch den Custom Shop ganz gut auf persönliche Bedürfnisse anzupassen. So richtig günstig wird das allerdings schnell nicht mehr, vor allem wenn man viele Optionen bei der Boxen und Mikroauswahl etc. möchte. Der Klang der Amps und Effekte ist größtenteils auch wirklich gelungen. Nervig ist, dass bei sämtlichen Amps mit Reverb dieser für mein Gefühl kaum vernünftig zu dosieren ist. Entweder nichts, oder zu viel und schepperig. Ausserdem ist das Programm ziemlich Leistungshungrig. Das Interface mag ich persönlich auch nicht so, das ginge wesentlich klarer. Aber das ist eher Nebensache. Amplitube machte als einziges Programm auf meinem Rechner immer mal wieder Ärger. Mal hing es, mal (oft) gab es keine Verbindung zum Shop (Vorraussetzung, wenn man Modelle testet), mal stürzte es einfach ab. Auch nach einer Neuinstallation gab es keine Verbesserung. Schade.

Mit Guitar Rig war ich Anfangs gar nicht so glücklich (siehe Posting 1 in diesem Thread). Nachdem ich mich aber wirklich mit dem Programm auseinandergesetzt habe, fand ich immer mehr gute Sounds und Möglichkeiten. Es sind nicht alle Amps mein Geschack, aber mindestens die Hälfte funktioniert für mich. Die einfache, schnelle Bedienung ist für ungeduldige Menschen ein Segen. Die Möglichkeit sehr sparsame Presets bauen zu können um beim Einspielen Leistungsreserven für möglichst niedrige Latenzen zur Verfügung zu haben ist auch super. Es hat ein bisschen gedauert, doch am Ende habe ich mit mit GR5 einfach am meisten angefreundet.
Zusätzlicher Vorteil ist, dass meine Kollegen das Programm ebenfalls nutzen, und ich so Presets mitnehmen oder verschicken kann. So kann ich mit meinem Wunsch-Sound aufnehmen, die DI-Spur mit dem Preset weitergeben und der Mixende kann später entscheiden, ob er den Sound so behält, anpasst, oder komplett neu erstellt. Das ist ziemlich komfortabel.

TH2/TH3 sind klanglich noch immer nicht mein Ding.

Grüße
Michael

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