Räume\Tiefenstaffelung: Wieviele Reverb- und Delay- Busse?

Produktion, Homerecording & PA
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Ingolf
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Räume\Tiefenstaffelung: Wieviele Reverb- und Delay- Busse?

Beitrag von Ingolf » Montag 9. April 2018, 16:26

Ich habe mich in letzter Zeit vertiefend übers Mixing belesen/weitergebildet, genauer gesagt mit einem Buch von Marc Mozart (http://www.mixedbymarcmozart.de) namens YOUR MIX SUCKS, haha.

Das Buch gefällt mir ganz gut, weil es auf für mich leicht verständliche Art und Weise viele pragmatische Dinge vermittelt die ich im Mixing- Alltag gut brauchen kann.
Desweiteren habe ich mir dann mal Marcs Mixing- Templates angeschaut, und dabei ist mir aufgefallen, dass er mit unglaublich vielen (10-20!!) verschiedenen Hall und die Delay- Bussen arbeitet, um Räumlichkeit und Tiefenstaffelung zu erzielen.

Er schickt also Sends zu ganz unterschiedlichen Raumsimulationen, um damit Reichhaltigkeit und Differenziertheit bei der Tiefenstaffelung zu erzeugen.

Ich finde das interessant, der Approach ist für meinen persönlichen Workflow aber eher neu.

Ich selbst bin ja beim Aufnehmen ein bisschen retro- orientiert.
Und ich sage mir, dass es in den 60er und 70er- Jahren (wo die m.E. mit am besten klingenden Aufnahmen entstanden sind, lange vor der Digitalisierung mit damals noch armseligen Wandlern, lange vor dem Loudness- War mit seinem totkomprimierenden Maximizing) in den Studios meist ein paar Hallplatten gab und das wars.
Ich glaube, in der Abbey Road gab es vier Hallplatten...

Langer Rede, kurzer Sinn: Lohnt es sich, mit Multi-Bussen zu experimentieren (macht übrigens dem Rechner u.U. auch mehr Stress, als einem lieb sein kann) oder gilt auch hier: weniger ist mehr?

Ich freue mich auf eure Antworten, insbesondere auf die vom Pfälzer Jörg.

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Motörheiko
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Re: Räume\Tiefenstaffelung: Wieviele Reverb- und Delay- Buss

Beitrag von Motörheiko » Montag 9. April 2018, 16:40

Hy Ingo,

Ich hab das Buch auch gelesen und ich habe mich auch schon ansatzweise mit dem Thema Delayzeiten, Predelayzeiten und Tiefenstaffelung beschäftigt.
Ich hab da mit drei (vorne, mitte, hinten) Bussen ausprobiert und bisher mehr Trial & Error erzeugt als nachvollziehbar logisch "richtiges" ...

Was bei mir immer "hörbar" auf Anhieb funktioniert ist ein Absenken der Höhen - das klingt für mich dann "weiter weg" ...

Ich bleib hier mal mit dran, vielleicht ergibt sich hier ein Wissenspool zum Thema, an dem ich sehr profitieren könnte ...
notasis - Oasis Tribute Band

Duke

Re: Räume\Tiefenstaffelung: Wieviele Reverb- und Delay- Buss

Beitrag von Duke » Montag 9. April 2018, 23:14

Hatte letztens mal Gelegenheit mir Beatles-Aufnahmen in Mono anzuhören.

Hammer Sound auch sehr räumlich.

Die Positionierung haben die Jungs bzw. der Engineer wohl damit realisiert, dass sie alles da hingestellt haben, wo man es im Mix später auch verorten sollte. :kopf_kratz01:

Intuitiv würde ich das heute genauso machen, auch wenn ich z. B. das Ocean Waves Plug-in (UAD) sehr nett finde.

Das Ohr lässt sich halt nicht "bescheißen", traurig aber war.

Bedeutet: Wenn man versucht artifiziell etwas zu erzeugen, das real nicht da ist, muss mann sehr genau wissen was man tut, ansonsten klingt es halt auch genauso artifiziell. :kopf_kratz01:

Nur meine 2 ct - Tiefenstaffelung ist für mich allerdings auch das allerletzte, was ich auf meine Homerecording-Agenda habe...

Pfaelzers KSM

Re: Räume\Tiefenstaffelung: Wieviele Reverb- und Delay- Buss

Beitrag von Pfaelzers KSM » Montag 9. April 2018, 23:50

Guten Abend.

Eines vorneweg: Ich habe mit analogen Konsolen und Outboard-Equipment mischen gelernt, d.h. an Hallerzeugung war (neben Ambient-Stereo-Mikrofonie) normalerweise ein REV7 (immer Preset 3: Drum Plate), ein Lexicon (224 od. 480) und ein Gerät von EMT (140 oder 250) vorhanden...und sonst nichts. Und auch wenn ich das Mischen mit DAWs wesentlich komfortabler, effektiver und auch inspirierender finde, benutz(t)e ich selbst bei großen Produktionen im DAW-Mix nicht mehr als 2-4 Hallgeräte, und zwar die UAD-Models der oben genannten Kisten....

Zum Thema Tiefenstaffelung:

Bevor wir uns überlegen, wie wir Tiefenstaffelung im Mix erzeugen, sollten wir erst mal überlegen, wie wir eigentlich räumliche Tiefe empfinden (ja, ich werde klugscheissen; ja, es ist ein KSM und kein "kauf das" oder "drück hier"...dahingehend habe ich mich nicht verändert :twisted: ;) ).
Was viele beim Mischen vollkommen ausblenden, ist, dass wir räumliche Tiefe in erster Linie NICHT über Laufzeitdifferenzen wahrnehmen, sondern über Pegeldifferenzen. Je lauter ein Signal ist, desto näher erscheint es. Hierzu ein Beispiel: Wenn man sich Hardrockbands der 80iger anhört, sind die Gitarren meist sehr trocken, während der Heldentenor in einem Kathedralenhall badet (meist noch mit einem Delay vornedran, damit der Raum richtig dreidimensional riesig wird). Und trotzdem wird der Gesang als vornestehend wahrgenommen....eben weil er mit entsprechenden Pegel gemischt wurde.
Wenn ich hier Pegeldifferenzen als Tiefenstaffelungswerkzeug nenne, dann sollte man nicht vergessen, dass das auch noch frequenzabhängig ist, d.h. mehr Pegel im Frequenzbereich der menschlichen Sprache (siehe auch Fletcher-Munson), desto weiter vorne. Auch hierzu ein Beispiel: Man nehme einen beliebigen Mix einer Rockband und such schmalbandig den Anschlag des Bassisten (also dieses knurrige Anschlagsgeräusch, je nach Bassist und Bass zwischen 600 und 2000 Hz). Wenn wir jetzt nur dieses schmale Band um 12 dB hochziehen, wird der Bass aus dem Hintergrund heraustreten und sich mit jedem 2 dB weiter nach vorne bewegen...egal ob irgendeine Rauminformation im Mix ist oder nicht.

Deshalb sollte der Mix schon vor dem Einsatz jeglichen Raumsimulators schon zumindest grob die gewünschte Tiefenstaffelung vorzeichnen (und wenn ich mal so ketzerisch sein darf: Eigentlich sollte schon das Arrangement des Stückes eine gewisse Tiefenstaffelung erzeugen, u.a. mit Gitarrenvoicings, die den Gesang tragen und ihn nicht erschlagen...)

Die von Ingolf beschriebene Arbeitsweise mit vielen verschiedenen Raumsimulatoren lässt mich ehrlich gesagt etwas ratlos zurück....wenn ich nämlich ein Hallgerät nicht als Soundelement für ein bestimmtes Instrument benutze (also z.B. besagten Kathedralenhall für den Sänger oder eine Plate für die Snare - beides Dinge, die nicht der Tiefenstaffelung, sondern der Soundmalerei dienen), sondern wirklich einen Raum erzeugen will, dann möchte ich doch (als Oldschooler), dass alle Bandmitglieder im SELBEN Raum sind. Denn wenn sie alle im selben Raum sind, ist die Tiefenstaffelung sehr einfach durch die Mischung Direktsignal/Hallsignal, die ich durch den jeweiligen Pegel des Aux-Sends in Relation zum Channel-Pegel bestimmte, zu erzeugen. Je mehr Hallsignal im SELBEN Raum bei entsprechend weniger Direktpegel, um so tiefer im Raum wird die Klangquelle abgebildet. Ich kann dann mit EQ-Einsatz auf dem Aux-Send bzw. mit einem Pre-Delay auf demselbigen noch Fine-Tuning betreiben, mehr aber nicht. Wenn die grundsätzliche Tiefenstaffelung durch Arrangement und Pegel fehlt, ist das nachträgliche Erstellen einer Tiefenstaffelung eine heftige (und für mich widerliche) Arbeit, weil man künstlich durch Technik versucht, der Musik eine dritte Dimension zu geben, die sie nicht hat (deshalb klingen so viele Produktionen auch so flach, obwohl da sicherlich mit heftigem FX-Einsatz gearbeitet wird).


Natürlich habe ich mit einer DAW (Rechenpower vorausgesetzt) die Möglichkeit, für jedes Instrument eine eigene Hallquelle zu nutzen und diese zusammenzumischen. Mir erscheint das aus den oben genannten Gründen als widersinnig, unmusikalisch, und zudem noch als potentiell fehlerbehaftet, da durch die vielen unterschiedlichen Verzögerungen auch noch Phasenverschiebungen entstehen können, die im heftigen Fall Kammfiltereffekte und Mittenaushölung bewirken können. Und ganz nebenbei verdoppelt das locker die Anzahl der zu mischenden Kanäle...und ich habe keinen 55-Zoll-Monitor....

Um das btw auch noch anzumerken: Bei großen Produktionen habe ich normalerweise jedes Instrument getrennt im großen Aufnahmeraum aufgenommen, dazu eine Ambient-Stereomikrofonie (meist ORTF) auf 2 zusätzlichen Spuren. Im Mix musste ich dann nur diese Ambient-Hallspuren entsprechend pegelmäßig dazufahren, um den perfekten Raumeindruck des Aufnahmeraums widerzugeben.....eine Technik, die (meines Wissens) auf Bruce Swedien zurückgeht: Man höre sich bei Gelegenheit die Birdland-Version vom Quiny Jones Album "Back on the block" an: Hier wurden exakt 0 Hallgeräte im Mix verwendet.

Natürlich ist diese Arbeitsweise im Homerecording (und heute auch bei vielen kommerziellen Produktionen) mangels geeignetem Raum nicht möglich. Aber wenn man einen guten Raumsimulator hat, kann man diese Arbeitsweise in der DAW nachbauen, indem man eben eine FX-Spur mit dem gewünschten Raum füttert und dann jedes (!) Instrument per Aux-Send (über den gleichen Bus) auf diesen einen FX-Weg schickt....und mit dem Pegelverhältnis von Aux-Send zu trockenem Kanalsignal die Positon im Raum bestimmt.
Selbst bei Instrumenten, die mit einem Hall als Soundfarbe bestückt wurden (also z.B. Gesang, Snare, Sologitarren etc.) lohnt es sich, diese insgesamt (also mit dem FX) auf den Raumsimulator zu schicken und zu positionieren. Das klappt sehr gut, wenn man eben zwischen dem Hall als Soundfarbe des Instrumentes und dem Raumsimulator als Tiefenstaffelungswerkzeug unterscheidet. Stellt euch einfach einen Gitarristen vor, der den Hall seines Fender Twins weit offen hat (= Hall als Soundfarbe und nicht als Tiefenstaffelung); wenn ihr ihn an den Bühnenrand stellt, ist er ortungstechnisch ganz weit vorne...und stellt ihr ihn an die Saalwand, ist er entsprechend leiser (= Pegeldifferenz), die Laufzeitdifferenz ist höher, sprich: Er ist ganz hinten. Und bleibt es auch, wenn er seinen Amphall ausschaltet....

Wie gesagt: Ich bin oldschool. Vielleicht habe ich einfach in den letzten 5-6 Jahren eine bahnbrechende Entwicklung verschlafen...aber es ist imho schon schwer genug, mit einem Raum eine gute Tiefenstaffelung ohne Laufzeitprobleme hinzubekommen, da mache ich es mir mit mehreren nicht absichtlich schwerer....insbesondere, wo doch die (frequenzabhängige) Pegelarbeit viel mehr bringt als der Kampf um +/- 10 ms Predelay...

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Ingolf
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Re: Räume\Tiefenstaffelung: Wieviele Reverb- und Delay- Buss

Beitrag von Ingolf » Dienstag 10. April 2018, 07:38

Super Jörg,

vielen Dank für deine Ausführungen, die für mich perfekt Sinn ergeben.
Ich zähle mich dann auch eindeutig zu den Old-Schoolern.

Dein beschriebenes Vorgehen mit dem Aux- Send

... wenn man einen guten Raumsimulator hat, kann man diese Arbeitsweise in der DAW nachbauen, indem man eben eine FX-Spur mit dem gewünschten Raum füttert und dann jedes (!) Instrument per Aux-Send (über den gleichen Bus) auf diesen einen FX-Weg schickt....und mit dem Pegelverhältnis von Aux-Send zu trockenem Kanalsignal die Positon im Raum bestimmt.

entspricht doch dem üblichen Vorgehen, das Signal in der DAW post Fader oder post Pan abzugreifen und den Effektanteil über den Send- Regeler zu regeln, oder mache ich da einen Denkfehler?

Und wo wir schon einmal dabei sind: Welche Unterschiede gibt es denn zwischen post Pan und Post Fader- Abgriff, so theoretisch?

THB
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Re: Räume\Tiefenstaffelung: Wieviele Reverb- und Delay- Buss

Beitrag von THB » Dienstag 10. April 2018, 08:08

Ich habe mit dem Mixen in den Zeiten vor digital angefangen... Auch für viele Studios waren Hallplatten unerschwinglich, so dass häufig Hallspiralenkonstruktionen (Great British Spring Reverb) oder Eigenbaukreationen zum Einsatz kamen. Soll heißen häufig lange Hallzeiten mit einem sehr beschnittenen Höhenanteil ("Die Tänzerin" von Ulla Meinecke fiel mit einem höhenreichen Hall dann doch sehr aus dem Rahmen). Die damalige Kunst lautete Raum und Mikrofon und die Geschichten dazu sind recht spannend (It might get loud oder Joe Meek z.B.).... und in vielen Details leider vergessen.....
"Let me explain something about guitar playing.
Everyone's got their own character.
Everyone's approach to what can come out of six strings is different from another person, but it's all valid. "
Jimmy Page

Pfaelzers KSM

Re: Räume\Tiefenstaffelung: Wieviele Reverb- und Delay- Buss

Beitrag von Pfaelzers KSM » Dienstag 10. April 2018, 09:24

Ingolf hat geschrieben:entspricht doch dem üblichen Vorgehen, das Signal in der DAW post Fader oder post Pan abzugreifen und den Effektanteil über den Send- Regeler zu regeln, oder mache ich da einen Denkfehler?
Stimmt genau. Ich habe mich da formulierungstechnisch ein wenig verklausuliert...wollte aber betonen, dass bei faderabhängiger Speisung des Auxweges (=post-fader) die Blance zwischen Direkt- und FX-Signal bei Faderveränderungen sich auch verändert und bei Veränderungen des "Faderpegels" man eventuell geringfügig nachjustieren muss, weil sich ja auch der Hallanteil ändert.
Und wo wir schon einmal dabei sind: Welche Unterschiede gibt es denn zwischen post Pan und Post Fader- Abgriff, so theoretisch?
Der Post-Fader-Abgriff ist vor dem Pan-Poti (btw: das ist soweit ich weiß eine Besonderheit bei Logic; bei analogen Pulten ist der Abgriff immer post-fader). Post-pan enthält auch noch die Panorama-Information (das setzt einen Stereo-Auxbus voraus), d.h. die Hallinformation enthält auch noch die Stereoortung (= ist das Instrument im Mix nach rechts gepannt, ist sein Hallsignal auch rechts stärker). Bei Pulten mit Stereobus und PT-basiertenden DAWs wie S1 ist das so gelöst, dass man einen eigenen PAN-Regler für den Auxweg hat...was ich persönlich mehr mag, aber das ist Geschmackssache.
THB hat geschrieben:Auch für viele Studios waren Hallplatten unerschwinglich, so dass häufig Hallspiralenkonstruktionen (Great British Spring Reverb) oder Eigenbaukreationen zum Einsatz kamen. Soll heißen häufig lange Hallzeiten mit einem sehr beschnittenen Höhenanteil
Das kenne ich auch noch in Form der AKG BX...genau wie bei der EMT140 ohne Regler für Pre-Delay, weswegen immer ein Delaygerät als Predelayregler für den Hall draufging. Zusammen mit aufwendigem EQing lies sich aber die Hallzeit schon gut bestimmen. Aber im Homerecordingbereich und auch in Projektstudios war sehr viel Kreativität und Ambientmikrofonie gefragt...
Die damalige Kunst lautete Raum und Mikrofon und die Geschichten dazu sind recht spannend (It might get loud oder Joe Meek z.B.).... und in vielen Details leider vergessen...
Nicht bei guten Toning. Die ganzen Berechnungen lernt man im Studium beim Thema "Stereomikrofonie". Bei Aufnahmen klassischer Musik verbietet sich der Einsatz künstlichen Halls von selbst, aber auch bei vielen Jazzaufnahmen wird ausschließlich mit dem natürlichen Hall gearbeitet, und bei vielen Popproduktionen benutzt man nach wie vor den klassichen pysikalischen Hallraum (In Paisley Park gibt es afaik 8 verschiendene "echte" Hallräume)
Die Tänzerin" von Ulla Meinecke fiel mit einem höhenreichen Hall dann doch sehr aus dem Rahmen
Tschuldigung, wenn ich klugscheisse, aber das Stück ist glaube ich von Anfang der 80iger Jahre. Da gabe es das Lexicon 224 schon etwa 10 Jahre...und auch schon günstigere Varianten wie die PCM-Serie und Alesis kam mit den ersten digitalen Reverbs unter 1.000 DM auf dem Markt...sorry, ich kann es nicht lassen...dieses Klugscheiss-Gen.... :oops:

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Re: Räume\Tiefenstaffelung: Wieviele Reverb- und Delay- Buss

Beitrag von bluesation » Dienstag 10. April 2018, 09:35

Pfaelzers KSM hat geschrieben: Die von Ingolf beschriebene Arbeitsweise mit vielen verschiedenen Raumsimulatoren lässt mich ehrlich gesagt etwas ratlos zurück....wenn ich nämlich ein Hallgerät nicht als Soundelement für ein bestimmtes Instrument benutze (also z.B. besagten Kathedralenhall für den Sänger oder eine Plate für die Snare - beides Dinge, die nicht der Tiefenstaffelung, sondern der Soundmalerei dienen), sondern wirklich einen Raum erzeugen will, dann möchte ich doch (als Oldschooler), dass alle Bandmitglieder im SELBEN Raum sind. Denn wenn sie alle im selben Raum sind, ist die Tiefenstaffelung sehr einfach durch die Mischung Direktsignal/Hallsignal, die ich durch den jeweiligen Pegel des Aux-Sends in Relation zum Channel-Pegel bestimmte, zu erzeugen. Je mehr Hallsignal im SELBEN Raum bei entsprechend weniger Direktpegel, um so tiefer im Raum wird die Klangquelle abgebildet. Ich kann dann mit EQ-Einsatz auf dem Aux-Send bzw. mit einem Pre-Delay auf demselbigen noch Fine-Tuning betreiben, mehr aber nicht. Wenn die grundsätzliche Tiefenstaffelung durch Arrangement und Pegel fehlt, ist das nachträgliche Erstellen einer Tiefenstaffelung eine heftige (und für mich widerliche) Arbeit, weil man künstlich durch Technik versucht, der Musik eine dritte Dimension zu geben, die sie nicht hat (deshalb klingen so viele Produktionen auch so flach, obwohl da sicherlich mit heftigem FX-Einsatz gearbeitet wird).
Die Quintessenz. Ganz mein Ansatz.
Gruß Tom

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Re: Räume\Tiefenstaffelung: Wieviele Reverb- und Delay- Buss

Beitrag von tommy » Dienstag 10. April 2018, 10:33

Danke, Jörg, sehr aufschlussreich!

Ich nehme unsere Bandprobe gerne mal auf jeweils eigene Spuren (insges. 11) auf. Da der Probenraum relativ klein ist, wünschte ich mir, ihn beim Mix etwas größer "aufzublähen" (auch um die Ortbarkeit der Musiker natürlicher darstellen zu können).
Bislang hatte ich das Problem, wenn ich einen Raumhall (bspw. "large Studio") auf die Masterspur gelegt habe, der gesamte Sound sehr indifferenziert wurde. Legte ich ihn auf die einzelnen Spuren, war wieder das Raumergebnis relativ futsch.
Habe ich überhaupt eine Chance, im Liveaufnahme- (anstatt Overdubbing) Verfahren vernünftige Ergebnisse hinzubekommen oder macht mir das Übersprechen ohnehin die weitere Bearbeitung kaputt, spätestens wenn ich anfange mit Raumsimulationen zu arbeiten?

Thema "Ambient": Könnte man notfalls einen Handyrecorder dafür benutzen.....falls ja, wie sollte man ihn positionieren?

Sorry, wenn das alles sehr laienhaft rüberkommt! Ich bin wild entschlossen, mich zu verbessern! :prost:
LG, Tommy


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Re: Räume\Tiefenstaffelung: Wieviele Reverb- und Delay- Buss

Beitrag von Ingolf » Dienstag 10. April 2018, 11:42

tommy hat geschrieben:Danke, Jörg, sehr aufschlussreich!

Ich nehme unsere Bandprobe gerne mal auf jeweils eigene Spuren (insges. 11) auf. Da der Probenraum relativ klein ist, wünschte ich mir, ihn beim Mix etwas größer "aufzublähen" (auch um die Ortbarkeit der Musiker natürlicher darstellen zu können).
Bislang hatte ich das Problem, wenn ich einen Raumhall (bspw. "large Studio") auf die Masterspur gelegt habe, der gesamte Sound sehr indifferenziert wurde. Legte ich ihn auf die einzelnen Spuren, war wieder das Raumergebnis relativ futsch.
Habe ich überhaupt eine Chance, im Liveaufnahme- (anstatt Overdubbing) Verfahren vernünftige Ergebnisse hinzubekommen oder macht mir das Übersprechen ohnehin die weitere Bearbeitung kaputt, spätestens wenn ich anfange mit Raumsimulationen zu arbeiten?

Thema "Ambient": Könnte man notfalls einen Handyrecorder dafür benutzen.....falls ja, wie sollte man ihn positionieren?

Sorry, wenn das alles sehr laienhaft rüberkommt! Ich bin wild entschlossen, mich zu verbessern! :prost:
Ich mische mich mal ein... ;)
Hall auf die Masterspur ist immer schlecht, weil das nicht zur besseren Tiefenstaffelung beitragen KANN (alle bekommen dieselbe Dosis Hall).
Wenn ihr auf 11 Spuren aufnehmt, könnt ihr aber doch schon ganz schön differenzieren und nachbearbeiten.
Hier würde ich versuchen, jedes Instrument per Close- Micing gut darzustellen und dann, quasi als i- Tüpfelchen, noch 2 Raummikros zusätzlich aufzunehmen.
So könntest du die natürliche Ambience hinzumischen, könntest jedem Instrument aber auch noch andere, separate Rauminformationen (z.B. per Plugi oder externem Hallgerät) hinzufügen.

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