Slip slidin´away

Der tut nix! Der will nur üben!
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Beppo
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Slip slidin´away

Beitrag von Beppo » Sonntag 29. November 2020, 18:57

Wie ich schon an anderer Stelle sagte, habe ich mir eine Lapsteel zugelegt und bin seither schwer am Sliden. Jetzt habe ich die Idee, meinen Weg zum Lapsteel spielen in Form eines Threads zu dokumentieren. Das hilft evtl. Leuten, die das auch vorhaben, es hilft mir, meinen Weg im Gedächtnis zu halten und setzt mich auch etwas unter positiven Druck, hier immer mal wieder was zu posten.

Denn ich habe schon zwei Anläufe hinter mir. Bei den letzten Malen ist das Projekt Lapsteel abgebrochen worden, weil ich gemerkt habe, dass man doch viel Zeit investieren muss. Die Lapsteel ist ein eigenes Instrument, das sich uns Gitarristen und Gitarristinnen vermutlich leichter erschließt als anderen, aber eben doch eine eigene Spielweise erfordert. Diese Zeit hatte ich nicht bzw. wollte sie nicht zulasten anderer musikalischer Aktivitäten investieren.

Das ist nun coronabedingt anders. Im Augenblick gibt´s keine großen musikalischen Aktivitäten. Daher habe ich mir zwei Sachen ausgesucht, die ich schon länger angehen wollte: Homerecording und Lapsteel spielen.

Zum Instrument:

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Bildrechte: Duesenberg

Meine Wahl fiel auf eine Duesenberg Fairytale. Duesenberg hat drei Lapmodelle im Sortiment, die sich in der Pick-up-Bestückung und der Farbe unterscheiden, sonst aber im Wesentlichen gleich sind. Gleich ist auch, dass alle drei teuer sind (so um 2 k€). Für den Gelegenheits-Steeler und Anfänger wie mich eigentlich zu teuer.

Die Düse habe ich trotzdem u.a. aus drei Gründen gewählt.

Erstens: die Qualität des Instruments. Ich hatte schon verschiedene billige Lapsteels in der Hand. Es geht ja bei unter 100 € los, aber die billigen Teile konnten mich nicht überzeugen. Irgendwas hat immer gerappelt, der PU klang schlecht oder man konnte auch gleich reinsingen, so mikrofonisch war er. Sättel und Brücken waren gerne mal scharfkantig, unförmig, schlecht verarbeitet, Mechaniken waren nicht stimmstabil, wacklig oder komplett stramm wegen der starken Saiten.

Sicher, für viele von Euch ist das nicht ein Problem sondern eine gerne angenommene Herausforderung. So wie ich die Bastler und Handwerker hier in der Bude einschätze, könnten die das selber richten und auch ne prima Lapsteel komplett selbst bauen. Und zwar mit einer Hand auf den Rücken gebunden. Aber das ist nicht meine Welt.
Ich wollte ein gut gebautes, sich wertig anfühlendes und vollständiges Instrument. Irgendwie gehe ich dann mit einer anderen Haltung ran und bringe dem Instrument die nötige Achtung entgegen. Keine Sorge, Spaß macht sie auch! Sehr sogar.

Wobei mir völlig klar ist, dass nicht jeder sich diesen Luxus leisten kann oder will. Das war bei mir eine besondere Situation, ich hatte diese Vision vom Lapsteelspielen und ich hatte gerade auch das Geld dafür.

Zweitens: die lange Mensur. Die Düse hat eine 650 mm Mensur, so wie viele Gitarren. Die Mensur der meisten Laps ist wesentlich kürzer (530 mm bis so 570 mm). Bei einer längeren Mensur ist die Intonation einfacher. Der Abstand zwischen zwei Halbtönen ist größer und dann fällt es weniger ins Gewicht, wenn man den Steelbar einen Millimeterbruchteil an der falschen Stelle setzt. Für den Beginner ist Intonation tricky. Zumindest für mich.
Außerdem klingen die relativ dicken Saiten einer Lapsteel zumindest anders, ich meine, besser mit einer langen Mensur als mit einer kurzen.

Drittens: die Düse hat zwei Hardwareteile, die sie von den anderen Lapsteels unterscheiden. Einen verschiebbaren, eingebauten Kapodaster und zwei Bender, mit denen man eine Saite um ein einstellbares Intervall benden kann. Es geht wohl auch „runterbenden“, aber das nutze ich nicht. Man kann damit eben Pedalsteel-ähnliche Sachen spielen und damit auch Licks abliefern, die mit konventioneller Spieltechnik auf einer Slide eher schwierig sind.

Bild

Bild
Bildrechte: Duesenberg


Diese drei Dinge machen die Fairytale kurioserweise zu einer sehr geeigneten Einsteigergitarre. Alles passt und ist gut eingestellt, sie klingt phantastisch und hält die Stimmung. Die lange Mensur ist intonationsfreundlich. Wenn man sich mal ein paar grundlegende Licks und Patterns unter Einbezug von leeren Saiten draufgeschafft hat, dann kann man das mit dem Kapo einfach in andere Tonarten übertragen. Die Multibender erlauben relativ schnelle Erfolgserlebnisse, die man mit slants (Steelbar schiefhalten) und behind-bar-bendings nicht so schnell hinbekommt.

Und hier kommt schon mal ein erster Soundschnipsel. Kein fertiger Song, nur ein paar Takte ohne Melodie oder Hookline. Ungefähr da soll die Reise hingehen, Liedbegleitung, Folk, Singer-Songwritersachen, usw.

https://soundcloud.com/matthias-morgens ... fairytale1

Ich hoffe, es kommt noch mehr von mir in diesem Theater.
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Ingolf
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Re: Slip slidin´away

Beitrag von Ingolf » Sonntag 29. November 2020, 20:28

Tolle Story, Mathias!
Danke dafür!
:thumbsup02:

partscaster
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Re: Slip slidin´away

Beitrag von partscaster » Sonntag 29. November 2020, 20:43

Sehr interessantes Thema. Wollte ich immer probieren, habe es bisher aber nie getan. :kopf_kratz01:

Welche Stimmung hast du gewählt und wie gehst du da ran, lernst du Songs die Lapsteel enthalten oder probierst du eigene Sachen?

Ich finde die Düse super. Wenn man sich den Traum erfüllen kann, warum sollte man es nicht tun!

:banana02:

Andrea Joy

Re: Slip slidin´away

Beitrag von Andrea Joy » Sonntag 29. November 2020, 21:18

Ich habe den Beitrag noch nicht gelesen ...ABER das Teil hat ein elegantes retro Design! :o :thumbs: :thumbs:


gelesen...


Sehr schöne Musik Beppo! :thumbsup03: :thumbsup03:

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75Deluxe
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Re: Slip slidin´away

Beitrag von 75Deluxe » Sonntag 29. November 2020, 22:29

Klasse, Matthias - unglaublich, wie gut du nach dieser kurzen Zeit klingst!
Und auch keine quietschenden Nebengeräusche und auch deine Intonation ist ja super.
Das Gejaule und Gequietsche war lange mein größtes Problem. Offenbar hast du eine gute Blockig-Technik, die das vermeidet.
Wie machst du das, bzw. wonach lernst du?

Der Musikstil, den du anstrebst bzw. hier schon machst gefällt mir auch unheimlich gut.
Ich glaube, es hilft ungemein eine einigermaßen klare Vorstellung davon zu haben, wohin man mit diesem Instrument will.
Das war mein nächstes Problem - mir gefällt einfach so viel... von Hawaii-Schmalz bis New Country und alles dazwischen...

In welchem Tuning spielst du? Was für einen Bar verwendest du?
... Vielleicht sollte ich auch mal eine Duesenberg mit langer Mensur probieren... :-)
Also, halte uns bitte auf dem Laufenden! :thumbsup02:
Eigenbau-Strat, Gibson Les Paul DeLuxe, Rickenbacker 660/12, Egnater Rebel 30 Combo, Sigma Hummingbird Custom, Rickenbacker 4003 S Bass, Maruszczyk Jake 4+Bass, Fender Deluxe-8 Lapsteel, Duesenberg Pomona Lapsteel, ...

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M. L. Schwan
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Re: Slip slidin´away

Beitrag von M. L. Schwan » Sonntag 29. November 2020, 22:37

Hey super!
Verrat uns einfach mehr und halt uns auf dem Laufenden.
:thumbsup03:
Viele Grüße
- Der Schwan -

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Molle
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Re: Slip slidin´away

Beitrag von Molle » Montag 30. November 2020, 13:27

wahnsinn. gestern habe ich meiner wesentlich besseren hälfte meinen weihnachtswunsch offenbart. ratet mal. genau: eine lapsteel.

und heute sehe ich diesen fred. ein wink des schicksals.

klasse aufnahme. sound und song.

ich fange allerdings erst mal mit nem billo an. die duese ist sicher klasse ... aber 2k für etwas, was ja eigentlich nur eine bohle ist - da tu ich mich noch schwer und ich muss auch erst mal sehen, wie ich mit sowas klarkomme. und meine mitmusiker auch. manche kriegen schon pickel, wenn einer bloss "country" sagt. aber ich will das. der sound spricht irgendeinen besonderen nerv an ...

danke für diesen fred. er lebe hoch (und lang).
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Re: Slip slidin´away

Beitrag von Batz Benzer » Montag 30. November 2020, 13:27

Mann, habe ich diesen Thread gesucht; auf "Spieltechnik" bin ich einfach nicht gekommen! :D

Aber jetzt bin ich ja hier: Sehr schöner Beitrag, Matthias; danke dafür!

Und höchst geschmackvoll gespielt, sehr beeindruckend! :thumbsup03:

Einzig mit dem Klang komme ich nicht so ganz parat: Das ist mir was zu topfig-mittig, als wäre 'ne komische Phase drin... jedenfalls nicht so kristallklar, wie ich das Instrument abgespeichert habe. :kopf_kratz01:

Die Bender kenne ich bereits von meinem Kumpel, der die Dinger zuerst an seiner Dobro, dann an seiner LapSteel hatte: Damit kann man sehr schöne Dinge machen, wie ich finde. ;)

Liebe Grüße,

Batz.
"Lennon was the soul of the Beatles, Harrison was the spirit, Paul was the heart, and Ringo was the drummer."

- George Martin

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Beppo
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Re: Slip slidin´away

Beitrag von Beppo » Dienstag 1. Dezember 2020, 08:42

Stimmung

Danke für alle freundlichen Worte zu meinem Soundschnipsel. Das macht Mut. Ich muss aber auch zugeben, dass ich beim Recording schon ein paar Takes brauchte, bis ich mit dem Ergebnis leben konnte.

Zu Frage nach der Stimmung:
Die Düse kommt mit einer open D Stimmung, also DADF#AD. Dabei habe ich es auch belassen. Open D kenne ich einigermaßen. Wenn ich auf der Akustik in offener Stimmung spielen will, dann ist es fast immer open D.

Open D ist einerseits prima: einfach den Steelbar auf die Saiten und man hat einen Akkord. Songs mit einer einfachen I – IV – V Kadenz flutschen schön easy. Und damit kann man ja schon mal ne ganze Menge spielen :lol: .

Aber andererseits kommt irgendwann ganz sicher der erste Moll Akkord und schon wird´s eng :shock: . Open D klingt halt ganz eindeutig nach „Dur“ durch die große Terz. Die erste Strategie bei Mollharmonien ist, die große Terz wegzulassen, also die F#-Saite einfach nicht zu spielen. Das erfordert allerdings manchmal zusätzlichen Dämpfungsaufwand, damit da nix mitschwingt.

Nächste Möglichkeit: mit dem Bender die hohe A Seite um einen Ganzton benden und dann in Lage der zugehörigen Durtonart nur die oberen drei Saiten anspielen (also 10. Bund: e-g-c C-Dur, Bender A-Saite hoch e-a-c A-moll). So kann man in der gleichen Lage vom Dur-Akkord zum zugehörigen Moll-Akkord wechseln.

Ich bin also zur Zeit im Stadium des Akkorde zusammensuchens, wo kann ich welche Akkorde wie spielen und auch einigermaßen gefällig verbinden. Und sage ich schon, dass es manchmal echt tricky ist, richtig zu intonieren?

Insgesamt denke ich, dass open D für mich erstmal ok ist und ich da noch viel zu entdecken habe. Andere Stimmungen kommen später.
Wenn´s net brummt is kaputt!

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M. L. Schwan
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Re: Slip slidin´away

Beitrag von M. L. Schwan » Dienstag 1. Dezember 2020, 08:53

Hi,
es gibt noch die Möglichkeit einen Pitch Key einzusetzen.
Damit könnte man die G-Saite schnell zwischen der Dur und der Mollterz umstimmen.
Schau mal hier rein:
https://www.gitarrenbu.de/viewtopic.php?f=15&t=2826
Viele Grüße
- Der Schwan -

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