Voodoo Lab Micro Vibe

Besprechungen von getestetem Gitarren-Equipment
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Batz Benzer
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Voodoo Lab Micro Vibe

Beitrag von Batz Benzer » Freitag 10. September 2021, 11:52

Herzlich willkommen zu einer weiteren Episode von "Batz Benzer testet Univibe-Pedale"; die heutige Folge steht mal wieder unter dem beliebten Motto "der Täter kehrt immer zum Tatort zurück"! 8-)

Bild

(Bildquelle: medias.audiofanzine.com)

Denn beim hier zur Besprechung kommenden Micro Vibe des kalifornischen Herstellers Voodoo Lab handelt es sich bereits um das zweite Exemplar, das ich in meinem bisherigen Leben besessen habe; ich hatte schlicht vergessen, was zum einstigen Verkauf geführt hat und konnte es mir ob des guten Eindrucks, den es in YouTube-Videos bei mir hinterlies, auch im Retrospekt nicht mehr erklären. :kopf_kratz01:

Und da meine Vibe-Leidenschaft neu entfacht ist, musste es eben noch einmal her; mittlerweile hatte ich genügend Zeit, mich mit dem Aggregat auseinander zu setzen und mag davon erzählen. :smoke01:

Als dieses Pedal das Licht der Welt erblickte, hatte es noch keine LED und eine 3,5mm-Klinke-Stromzufuhr statt dem weltweiten Standard; dies ist den Exemplaren ab 2010 vorbehalten, wie meines eines ist. Auch war es damals tatsächlich "micro", also das Kleinste seiner Art; das war die Zeit vor den ganzen Mini-Pedalen im Mooer-Format.

Es arbeitet, wie das Original von Honey/Shin-Ei, auf Photozellen-Basis und erzeugt somit den Vibe-Effekt auf traditionelle Weise, auf alles Überflüssige - Vibrato-Umschaltung, Expression-Pedal-Anschluss, Volumen-Regler - wurde zugunsten der Simplizität von Intensity- und Speed-Regler verzichtet; hinzu kommen der obligatorische Fußschalter, eine rote Status-LED sowie In, Out und 9V-Anschluss auf der abgewandten Seite.

Die Bedruckung des Micos Vibes macht einen edlen Eindruck und erinnert ein wenig an die "dreidimensionale Teppich-Beflockung" von PRS-Gitarrenkoffern; die allgemeine Verarbeitung ist ohne Makel. :thumbs:

Bild

(Bildquelle: medias.audiofanzine.com)

Im Inneren des Geräts findet sich noch ein Trimpot, an dem die Helligkeit der Lampe, die die Photozellen versorgt, gesteuert werden kann; der Hersteller empfiehlt, dieses Poti in Ruhe zu lassen, da es ab Werk optimal kalibriert wurde. Nach entsprechendem Experimentieren kann ich dies bestätigen, so dass ich es letzten Endes wieder in die Ausgangsposition (vorher stets markieren oder Photo machen!) zurück gedreht habe.

So viel zu äußerer Erscheinung, Aufbau und Technik; stürzten wir uns kopfüber in die Praxis:

Dank nur zweiter Potis kann man hier ja nicht viel falsch machen, richtig? - Ja, aber diese beiden Regler arbeiten auffallend interaktiv, und gerade der Intensity-Regler bietet viele unterschiedliche Klangmöglichkeiten, so dass es durchaus eine Vielfalt zu entdecken gibt, die ich zunächst nicht vermutet hatte.

Bleibt Intensity unter 12h, ist die Wirkung subtiler Natur und ähnelt eher einem verhalten eingestellten, dezentem harmonischem Tremolo; ab der 12-Uhr-Stellung phast es fein, ohne schon den Bassbereich zuzukleistern. Dies nimmt an Intensität in Richtung "ausgeprägtes Unrund-Phasing" an Fahrt auf, bis sich ab 15h Throb und Herzschlag hinzu gesellen; die EQ-Amplitude wird größer, der Frequenzbereich rutscht etwas nach unten ab. Bei Rechtanschlag des Potis bietet das Micro Vibe ein sehr eindruckvoll-physisches, dreidimensionales Klangbild bei immer noch vorhandenem, aber nicht mehr vordergründigem Phasing.

Hier wird dem Vibrologen also die komplette Range an Uni-Vibe-Sounds geboten, wobei das Mico Vibe seine eigene Klangprägung in Richtung Vibraphon und somit Wiedererkennungswert hat; so sind z.B. die tendenziell oberen Mitten generell etwas unterrepräsentiert und färben das Signal dadurch trockener, kristalliner, weniger vordergründig saftig-schmatzend, was ich aber durchaus wertneutral sehe, bzw. höre und z.B. mit dem heiseren Gilmour-Ton verbinde: Eben eine eigene Spielart, so wie jedes Vibe eine Interpretation des Originals darstellt, das sich auf bestimmte Formanten desselben konzentriert.

Der Speed-Regler reicht von sehr langsamen Sweeping bis hin zu mittelschnell bei Vollauslastung; das wird manch einem vielleicht zu wenig sein, der brutale Maschinenpistolen-Sound ist hiermit nicht realisierbar! Was mir persönlich sogar recht ist, da die höchste Auslegung auch meiner idealen Vorstellung des Maximaltempos eines Vibes entspricht; ich mag das allzu schnelle Stottern nicht.

Ein weiteres Charakteristikum des Voodoo Labs ist das dominante Tremolo, welches sehr weich ein- und ausblendet, was dem Pedal ein höchst eigenes Spielgefühl gibt; kurz vor Vollauslatung der Geschwindigkeit dominieren Höhen und Bässe derart, dass sich der eher in den Mitten prominente Effekt bereits auf natürliche Art und Weise in den Hintergrund verabschiedet und das Micro Vibe leiser wirkt.

Haben andere Uni-Vibes-Epigonen meist ein bis maximal zwei magische Spots, bietet das Micro Vibe viele funktionierende, musikalische Einstellungen; das traut man dem 2-Poti-Teil auf den ersten Blick gar nicht zu! :shock:

Die Lautstärke ist ebenfalls gut abgestimmt, so dass es weder Boost noch Signalabfall bei Betätigung gibt; es sei denn, wir sind bei maximler Geschwindigkeit, wo mit dem beschriebenen Wegfall der Mitten auch etwas Volumen verloren geht.

Last not least kommen wir zum Thema Nebengeräusche: Ja, das Micro rauscht ganz minimal, aber das tun manche Mitbewerber auch, und zwar in weit höherem Maß, so dass ich es als vollkommen unerwähnenswert empfinde; in der Praxis ist es schlicht kein Thema.

Fazit: Schade, dass es nicht mehr angeboten wird, stellt(e) das Micro Vibe von Voodoo Lab doch eine wirklich tolle Offerte unter 200€ dar.

Misst man es z.B. am EHX Good Vibes, so hat letztgenanntes Pedal den Vorteil der Chorus/Vibrato-Umschaltung und die Möglichkeit, ein Expression-Pedal anzuschließen; außerdem kann man die Laustärke regulieren. Dafür klingt das Micro Vibe einfach grundsätzlich besser/authentischer und ist klanglich klar flexibler, hat das typisch unrunde Herzklopfen und dennoch ebenfalls aufregendes Phasing in petto.

Legt man es neben leicht teurere Gerätschaften wie dem Dunlop UV-1, kann es klanglich, je nach geschmacklicher Ausrichtung, durchaus mithalten.

Konfrontiert man es mit High End-Vibes wie z.B. den Sabbadius-Elaboraten oder auch dem Korg Nuvibe, offenbart es seine Preisklasse; hier kommt es in letzter Konsequenz nicht mehr ganz mit, ist zwar organisch wie musikalisch, aber nicht magisch, kostet dafür aber auch nur etwa ein Füntel bis Sechtel aus zweiter Hand und ist immer noch Pedalboard-freundlicher.

Ohne einen solchen direkten Vergleich würde ich zu keinem Zeitpunkt etwas vermissen oder unzufrieden mit der Performance sein.

Ich halte es daher für eines der besten Angebote der gehobenen Einsteiger-, bzw. niederpreisigen Mittelklasse mit einem sehr guten PLV. :thumbsup03:
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Re: Voodoo Lab Micro Vibe

Beitrag von Batz Benzer » Sonntag 12. September 2021, 17:56

In der Zwischenzeit hat das Micro Vibe schwere Konkurrenz bekommen: Ein Roger Mayer Voodoo Vibe ist eingezogen! 8-)

Seit gestern ist es nun eingepfercht zwischen Letztgenanntem und dem Dunlop UV-1 im Dauereinsatz. Und weiß sich überraschend zu behaupten, da das Klangbild tatsächlich eigen, ja sogar ziemlich einzigartig ist.

Damit hatte ich so nicht gerechnet, weist mir andererseits aber auf, warum ich das Micro noch einmal hier haben wollte: Diese Geschmacksrichtung habe ich durchaus schon mal bei dem ein oder anderen altvorderen Original gehört und vermochte sie meinen bisherigen Sparringspartnern nicht zu entlocken. :mrgreen:

Außerdem ist hier der Herzschlag verflixt gut getroffen! :sabber:

Am Ende ein echt erschreckend weites Feld, Vibe-Töne noch und nöcher in allen möglichen und unmöglichen (Klang-)Farben! :thumbsup03:

Es lebe die Vielfalt,

Batz.
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Re: Voodoo Lab Micro Vibe

Beitrag von Wizard » Sonntag 12. September 2021, 18:09

Jetzt mal ohne Sch... Du nimmst dies ganze Viel-Viberei doch bestimmt mit ins Bett. Wohlgemerkt akustisch und auch in den hinterletzten
Gehirnwindungen jenseits des Musikalischen :mrgreen:

War jetzt bunt ausgedrückt, aber seh ich doch richtig (dass einen sowas bis in den Schlaf verfolgt, oder?) :clown:
Gruß Peter

immer noch aktuell: >>> leben und leben lassen <<<

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Re: Voodoo Lab Micro Vibe

Beitrag von Batz Benzer » Sonntag 12. September 2021, 18:30

Ich denke in der Tat sehr viel an und über Vibes nach; in den letzten Tagen fiel es mir wieder leichter, abends loszulassen, obgleich es häufig die Klänge von Pink Floyds Dark Side oder Wish you were here waren, die mich dann in den Schlaf gewiegt haben, da hier so schön viele Schwurbelsounds zu genießen sind... :mrgreen:

Mir ist das echt eine seeehr tiefe Lust! :thumbsup03:
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