2-kanaliges Fuzz-Octave-Wah im Straßenkreuzer-Design: Danelectro Dan-O-Wah

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Batz Benzer
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2-kanaliges Fuzz-Octave-Wah im Straßenkreuzer-Design: Danelectro Dan-O-Wah

Beitrag von Batz Benzer » Samstag 16. Oktober 2021, 14:38

Eigentlich wünscht man das sich doch auch so: Dass die Kohle in die Entwicklung und nicht ins Marketing fließt! :thumbs:

Bisweilen führt das jedoch zu einer Misskommunikation nach außen, die zwar ein gutes Produkt zur Folge hat, von dem, bzw. dessen Fähigkeiten nur leider niemand jemals erfahren wird.

Oder habt Ihr schon mal von einem 2-kanligen Wah-Pedal gehört? - Klar, Wah mit Fuzz und Octave gibt es, aber dann noch die On-The-Fly-Auswahl zwischen zwei unterschiedlichen Wah-Sounds? ;)

Wird Zeit, dass das mal klargestellt wird, wenngleich auch posthum, denn das Danelectro Dan-O-Wah, um das es hier geht, wird leider schon länger nicht mehr hergestellt.

Es war eines von drei Dano-Gitarrenpedalen im Auto-Format: Den Shift-Daddy, ein "dehn- wie stauchbares Delay", hatte ich hier bereits vorgestellt, um es wenig später an Andy Ferris, aka "The Guitar Geek", weiterzureichen (Cheers, mate!); das Triplwah, erhältlich in den bescheidenen Understatement-Paintjobs "Leoparden-, bzw. "Zebrafell", hatte ich noch nicht unterm Fuß, zumal es mich auch nicht so arg gereizt hat wie nun dieser Klotz, den ich auch gleich in meiner Lieblingsfarbe "Burgundy Red" - "Black" und "Blue" gibt es auch noch - jüngst endlich ergattern konnte. :mrgreen:

Bild

(Bildquelle: effectsdatabase.com)

Ja, man hat hier gut was in der Hand, wenngleich das Äußere aus Plastik, jedoch sehr robust wirkendem, beschaffen ist. Ob ich der Wippe jedoch mein Leben in einer Live-Situation anvertrauen würde? - Das wohl eher kaum, wenn ich so aufrichtig zu sein habe. ;)

Herrlich ins Auto-Setting eingearbeitet finden sich die Bedienelemente des Tausendsassas: Das Wah selbst wird durch den bekannten beherzten Tritt nach vorn ein- wie ausgeschaltet, zwei gut erreichbare Taster davor schalten (links) das Distortion genannte Fuzz sowie (rechts) die Wah-Bank: Ist die linke aktiviert, leuchtet das linke Hecklicht (grün bei aktiviertem Wah, ansonsten rot); jetzt stehen die drei links per Auspuffknöpfe schaltbaren Wah-Presets sowie der Ein/Aus-Auspuffschalter für die Octave-Funktion bei aktiviertem Fuzz zur Verfügung, welche mit dem Klangbild der 60er und dem Schlagwort "Rock" werben, derweil die rechte Seite drei 70s-"Funk"-Wah-Sounds, dieselbe oben beschriebene Schaltfunktion inkl. Optik und ebenfalls wieder die Octave-Funktion bietet.

Input- wie Output finden sich dort, wo Automobile für gewöhnlich ihre Scheinwerfer haben; der 9V-Anschluss ist unterm Kühlergrill beheimatet.

Bild

(Bildquelle: paolobonfanti.it)

Mann kann sich also jeweils einen beliebigen Wah-Sound links wie rechts (plus Octave-Effekt pro Seite) einstellen und per Bank-Selector hin- und herschalten; das Fuzz agiert unabhängig vom tatsächlichen Wahrheitsgehalt... ach quatsch, vom Wah, so! 8-)

Wie das denn nun klingt? - Tja, berechtigte Frage: Fangen wir bei der grundsätzlichen Charakterisierung von 60er- und 70er-Sound an, die nämlich insofern hinkommt als es links gutmütiger, gemäßigter, wärmer und souliger, rechts dafür spitzer, aggressiver, vokaler und funkiger zugeht. Der Regelweg ist nicht übermäßig lang, dafür aber komplett ausgewogen, wenngleich je nach Wah-Model der Umbruchpunkt woanders liegt.

In den linken 60ern findet sich oben der wärmste Ton; rechts in den 70ern ist das umgekehrt. Dabei ist das Dan-O-Wah tatsächlich ziemlich "vintage" abgestimmt, lässt tendenziell auch im Bass noch markante obere-Mitten-Anteile hören und hat somit nicht allzu viel mit modernen, durch Marktführer Dunlop geprägten Geräten zu tun, deren Timbre wie Frequenzgang ein klar anderer ist: Das Danelectro ähnelt eher den in den 70ern zu hörenden, "trötigeren" Wah-Sounds und komplettiert damit endlich meine Wah-Klangpalette um das, was ich als Clyde McCoy-Sound kenne, aber nie bezahlen wollte. :sabber:

Auch dank der generell nebengeräuscharmen Arbeitsweise empfinde ich das Dan-O-Wah als übersehene Perle. Klar, das hier ist kein High End Edelboutique-Teil, aber es erledigt einen Job, für den bislang höhere Gehälter gezahlt wurden. Übertreiben wir hier also nicht mit Worthülsen wie "Geheimtipp" oder "Sleeper", aber wer sich für dieses Klangbild interessiert, bekommt hier entsprechend gut und günstig geboten.

Und dann gibt es da ja noch diesen Fuzz-Bonus: Kein Wunder, dass Danelectro selbst von Distortion spricht, denn es handelt sich um eine Spielart des gainreichen Big Muff, der gerne in das Niemandsland zwischen den beiden Zerrarten fällt.

Man kann ihn zwar nicht regeln, muss man aber auch nicht; lediglich bei Zimmerlautstärke wird es im oberen Mitten-/Höhenbereich des Wah-Sound laut und spitz, laut muss das ganz genau so! :thumbsup03:

Das macht schöne Hendrix-Fuzz-Orgien möglich und reagiert sogar noch ganz gut aufs Gitarren-Volumen; was will man mehr!? :sabber:

Etwas Octaver zum Beispiel? - Kein Problem, wobei das Dan-O-Wah hier ganz und gar nicht homöopathisch zu Werke geht, sondern das oktavierte Signal klar wie brutal in den Vordergrund stellt: Super!!! :panic:

Dem Gitarristen stehen also dauerhaft zwei Wahs, ein Fuzz und ein Octaver (pro Kanal!) zur Verfügung, alles untereinander kominierbar; Dr. No nennt so etwas "Octave Fuzz Wah Flying Machina" und will 330 Schleifen dafür haben, OHNE zwei Kanäle!

Ich hoffe, spätestens jetzt wird ersichtlich, weshalb ich mich so für Danelectros Karren-Kasten begeistere: Hier gab es echt viel Sound für wenig Geld, und so in dieser Form war das Pedal schlicht einmalig! :thumbs:

An dieser Stelle muss ich einfach mal den Mut der Firma anerkennen: Eigene Designs abseits der ausgetretenen Pfade traut sich wahrlich nicht jeder! :pray01:

Fazit: 6 Wah-Sounds, davon zwei permanent abrufbar, plus Fuzz plus Octaver, und das alles im Design eines alten amerikanischen Straßenkreuzers; das nenne ich mal ein wirklich umfassendes wie pfiffig aufbereitetes Konzept, da alles mit allem kombinierbar ist.

Die beiden primären Mitbewerber - Dunlop und EHX mit dem Cock Fight - setzen andere Schwerpunkte, auf andere Klangbilder und andere preisliche Duftmarken.

Dabei fehlt es ihnen jedoch am mutigen, leicht billigen Charme der Plastik-Stilikone Danelectro, deren hohen Wiedererkennungswert man wohl liebt oder hasst und die ihr Image mit immer wieder innovativen, vor allem aber klanglich bestechenden Werkzeugen plus gewissem Gimmick-Charakter festigen konnte: Dank Spiel, Spannung und Spaß für Ohr, Auge und Gemüt quasi das Überraschungs-Ei des Gitarrenmarkts in vielen bunten Smarties-Farben; wer kann dazu schon nein sagen...? :thumbsup03:

Lieben Gruß,

Batz. :smoke01:
"Lennon was the soul of the Beatles, Harrison was the spirit, Paul was the heart, and Ringo was the drummer."

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Diet
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Re: 2-kanaliges Fuzz-Octave-Wah im Straßenkreuzer-Design: Danelectro Dan-O-Wah

Beitrag von Diet » Sonntag 17. Oktober 2021, 22:21

Moin Batz,

wieder klasse geschrieben :thumbsup02:
Danke dafür :prost:

Gruß Diet

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Re: 2-kanaliges Fuzz-Octave-Wah im Straßenkreuzer-Design: Danelectro Dan-O-Wah

Beitrag von Batz Benzer » Montag 18. Oktober 2021, 11:23

Moin Diet

und vielen Dank für das liebe Feedback! :prost:

Liebe Grüße,

Batz.
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