DSL Effects Versa Vibe

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Batz Benzer
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DSL Effects Versa Vibe

Beitrag von Batz Benzer » Donnerstag 17. März 2022, 13:12

Das Versa Vibe des US-amerikanischen Herstellers DLS Effects liegt heute an, wobei das "Versa" für "Versatility", also Vielseitigkeit, stehen soll; na, das klingt doch schon mal interessant... :mrgreen:

Den Firmennamen "DSL Effects" finde ich persönlich etwas unglücklich gewählt, ging ich doch bislang davon aus, dass es sich um Digitalgeräte handelt. Vielleicht nur mein "Problem", aber aus diesem Grunde hatte ich das Versa erst einmal für mich ad acta gelegt; nicht, weil ich Vorbehalte gehabt hätte, aber mehr Lust auf Analoges. Alles Quatsch, das Gerät arbeitet klassisch mit Photozellen und hat janz jenau nüschte mit Digital am Hut.

Der überaus robuste Metallkasten ist angeschrägt aufgebaut und somit ansatzweise pultförmig; das freut den Fuß, da es vorne weniger Kante und somit eine bessere Erreichbarkeit des Fußschalters als bei manchen Mitbewerbern gibt.

Bild

(Bildquelle: effectsdatabase.com)

Abgesehen vom Schalter bevölkern zwei Mini-Switches - Vintage/Modern und Chorus/Vibrato - und sechs ebenfalls sehr vertrauensvoll wirkende Drehregler die Oberfläche als da wären: Depth, Rate, Dry/Wet, Volume, Waveform und Bass Throb; eine rote LED pulsiert stets in der Geschwindigkeit, eine grüne informiert über den On/Off-Status.

Alle Anschlüsse sind rückseitig zu finden: In, Out, Expression-Pedal (z.B. Boss) und 9V.

So viel zu den Äußerlichkeiten, widmen wir uns den inneren Werten: Zunächst fällt ins Ohr, dass das Versa Vibe dunkler abgestimmt ist als die meisten Kollegen. Die wenigen, auf die dies ebenfalls zutrifft, sind meist sehr physisch und weniger phasrig unterwegs; nicht das Versa, welches eher "tiefes, dunkles Phasing" denn unsüßen Throb darbietet. Das ist in der Tat spannend, da ich so etwas bislang noch nicht gehört habe, und das will, bei aller Bescheidenheit, schon etwas heißen! ;)

Die träumerische Modulations-Tiefe, die dabei erreicht wird, fällt erst im Vergleich mit anderen Vibes wirklich auf; hossa, blubbert das tief und nass, quasi 20.000 Meilen unter dem Meer! :sabber:

Dem Effekt lässt sich durch niedrige Bass Throb-Werte in engen Grenzen beikommen; dreht man das entsprechende Poti ganz zu, ist die Ausprägung zwar immer noch vorhanden, aber nicht mehr der erste vordergründige Eindruck.

Mit Aufdrehen besagten Reglers addieren sich dann sukzessive Bässe und gar nicht mal Throb; dieser liegt jedoch im Bassbereich und gewinnt damit, also durch das Equalizing, auch Betonung. In erster Linie wird es jedoch dunkler und bassiger; ein einzigartiges Klangbild, welches gerade verzerrt dafür sorgt, dass sich der Effektanteil nicht verliert.

Sind andere, "tiefer gelegte" Univibes in der Regel nicht mehr so ortbar im Mix, trifft dieses merkwürdigerweise nicht aufs Versa Vibe zu: Das setzt sich dennoch durch, was ein weiteres, höchst erwähnenswertes Alleinstellungsmerkmal darstellt. :thumbsup02:

Bild

(Hier eine meiner bevorzugten Einstellungen nebst Vorgucker aufs nächste Vibe...)

Der Depth-Regler bietet über den gesamten Regelweg Sinnvolles: Bis 15h normale Vibe-Modulation, darüber hinaus dann Extremes, das einerseits an einen Phaser erinnert, andererseits für einen dritten Peak im weichen Herzschlag sorgt; das hatte ich so auch noch nicht!

Selbst bei Linksanschlag des Dry/Wet-Reglers liegt immer noch Modulation, bei Vollauslastung stets Reste des Original-Signal an, so dass ich maximale Effektausbeute zwischen 14-15h habe.

Volumen steht satt zur Verfügung: Ab ca. 13h wird klar geboostet, so dass hier mehr als ausreichende Reserven zur Pegelanhebung zur Verfügung stehen: Klasse! :thumbsup03:

Bleibt das "Waveform"-Poti, dessen Wirkungsweise für mich echt schwer zu beschreiben ist; es ist jedenfalls nicht identisch mit dem Verhalten des Center-Reglers beim Aqua- oder Symmetry-Potis beim Voodoo-Vibe, verändert also nicht die Wellenform als vielmehr deren Härtegrad, indem es aus runderen Kurvenverläufen eckigere zaubert.

Kommen wir zum klanglichen Unterscheid zweischen der "Vintage"- und der "Modern"-Einstellung: Bei ersterer liegt ein weiterer Frequenz-Sweep vor, der fast schon Phaser-Territorium betritt, derweil sich Modern auf das klassische Univibe-Spektrum begrenzt. Merkwürdig, oder? - Das hätte ich genau konträr vermutet... ist der Switch hier vielleicht verdreht worden?

Wie auch immer, er trägt massiv zur namensgebenden Vielseitigkeit des Pedals bei und ist eine klare Bereicherung; ich habe in beiden Schalterstellungen mehr als nur jeweils ein brauchbares Ergebnis erzielen können.

Abschließend kann ich sagen: Ja, innerhalb der hier dargelegten Grenzen ist das Versa Vibe tatsächlich insofern vielseitig als sich viel verbiegen und auf persönliche Bedürfnisse einstellen lässt. Es hat jedoch niemals harten Kardio-Throb oder transparent-höhenreiche Sounds im Angebot; dafür gibt es andere Produkte.

Zum Schluss die übliche Frage nach noch nicht erwähnten Nachteilen: Nö, alles im grünen Bereich. :thumbs:

Fazit: Das DSL Effects Versa Vibe ist ein analoges Photozellen-Vibe mit eigenem, tief-dunklem Timbre, das bei Bedarf eine beeindruckende, von profunder Wärme geprägte Effekt-Tiefe mit ungewöhnlichem Klangbild freisetzen kann und sich dabei dennoch gut im Mix behaupten kann; quasi der Inbegriff des Terminus "Alleinstellungsmerkmal".

Das weicht klar vom Standard-Angebot auf dem Markt ab, was auch erklärt, dass die wenigsten von diesem Aggregat schon mal gehört haben werden. Daher empfehle ich es ausdrücklich jenen Vibronauten, die unter dem Mitbewerbern nicht fündig wurden und sich etwas wie das hier Beschriebene wünschen.

Der Preis liegt in Deutschland bei knappen 330€; das ist nicht wenig. Gemessen an der Konkurrenz ist es bei der gebotenen Qualität aber auch nicht wirklich viel, so dass ich es weder günstig noch überteuert nennen mag.

Lieben Gruß,

Batz. :smoke01:
"Lennon was the soul of the Beatles, Harrison was the spirit, Paul was the heart, and Ringo was the drummer."

- George Martin

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