Die jungen Wilden: Ein paar Gedanken und Erkenntnisse

Produktion, Homerecording & PA
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Batz Benzer
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Re: Die jungen Wilden: Ein paar Gedanken und Erkenntnisse

Beitrag von Batz Benzer » Freitag 12. März 2021, 11:30

Magman hat geschrieben:
Freitag 12. März 2021, 07:53
Moin Tommy,

also ich kann mir vorstellen das man wohl verdammt gute Ohren braucht, um diese Art von Musik gescheit abzumischen. Da passiert halt dermaßen viel im gleichen Klangspektrum - sprich immer alles auf die 12 und nach vorne. Ich glaube das kann auch nicht jeder der an den Fadern zieht.

Zur Musik kann ich sagen: Das was ich hörte ist geil gespielt und auch echt geil gemischt - vor allem das Drum! Es ist aber meines Erachtens auch nichts absolut Neues,
Tommy hatte ja schon einmal Musik von Paddys Band gepostet; da habe ich so ziemlich dasselbe geschrieben: Hier sind Profis am Werk, die ihre Frequenzen kennen! :pray01:

Lieben Gruß,

Batz.
"Lennon was the soul of the Beatles, Harrison was the spirit, Paul was the heart, and Ringo was the drummer."

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tommy
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Re: Die jungen Wilden: Ein paar Gedanken und Erkenntnisse

Beitrag von tommy » Freitag 12. März 2021, 11:58

Magman hat geschrieben:
Freitag 12. März 2021, 11:10
Tommy siehst du denn meinen Beitrag nicht? :roll:
Moin Mäggy,

natürlich habe ich Deinen Beitrag gelesen! :thumbsup02:

Da er aber meine These unterstützt, war es mir vorrangig erst einmal wichtig, Rolli die Bedenken zu nehmen. Anschließend musste ich Staubsaugen. :evil: :mrgreen:

Klar gab es auch schon früher aggressive Ansätze in der Musik. Man denke nur an Grunge und Alternative ala Korn etc..
Der für mich springende Punkt ist aber, dass aus Produktionssicht eigentlich mehr oder weniger die etablierten Schablonen Anwendung fanden. Fette Gitarren (auch mit Fuzz etc.) klangen nach fetten Gitarren, Amps klangen nach Amps, Drums nach Drums. Alles natürlich in verschiedenen Schattierungen, aber trotzdem nach mehr oder weniger etablierten, bekannten Mustern. Ausnahmen gab es natürlich auch schon immer.

Aber dass eine komplette Musikgattung Instrumente nur noch als "Controller" ohne direkten Bezug auf ihre ursprüngliche Tradition benutzt, ist für mich schon besonders. Wie gesagt, es geht ums Mischen. Ich hätte Paddys Song völlig anders abgemischt.
Habe ich in der Vergangenheit auch schon mal gemacht. Alle mehrstimmigen Backings schön chormäßig hörbar. Drums in allen Facetten natürlich, Lead Vocals sauber in Front, Gitarren und Amps als solche traditionell authentisch usw.. Mein Sohn hat sich über den "altbackenen" Mix totgelacht! Das Ganze hatte mit seiner Wahrnehmung der Musik nichts mehr gemeinsam!

Zur Schwierigkeit des Abmischens: Es ist eben so, dass die Jungs eben gar nicht so selektiv vorgehen. Da werden mal eben 50 Spuren gelegt, die dann im Ergebnis hauptsächlich eines sollen....derbe drücken. Völlig egal, ob der Backingchor oder die Sprachverständlichkeit noch deutlich heraushörbar sind.
Der Focus ist einfach ein anderer. Viele "verfremdete" Spuren mit dem schlichten Ergebnis, dass es im Endeffekt einfach nur knallen muss.
Aus meiner Sicht: Viel Aufwand für ein letztlich reduziertes Ergebnis.

Und ja...egal wie es zustande kam...ich finde es auch geil!

Danke auch für Deine netten Wünsche, ich richte sie aus! Leider brauch ich Dir ja nicht zu sagen, was Corona momentan anstellt! Die Jungs sehnen sich nach Live Gigs!

:prost:
LG, Tommy


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Batz Benzer
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Re: Die jungen Wilden: Ein paar Gedanken und Erkenntnisse

Beitrag von Batz Benzer » Freitag 12. März 2021, 12:13

akustikgitarrist hat geschrieben:
Freitag 12. März 2021, 09:34
Uff, ich muss unsagbar alt sein, intolerant oder ignorant oder alles auf einmal sein.
Ich kann leider nix zum Mix sagen - also irgendwie offtopic mein Beitrag.

Für mich ist jetzt selbst das Hören dieser Auskopplung eine arge Belastung. Ich bekomme da innerhalb einer Minute Beklemmungen. Nicht wegen des Mixes (ich weiß gar nicht ob man sowas mixen kann) sondern weil ich mir vorstelle, was sich im Seelenleben und in der Gedankenwelt dieser meist jüngeren Menschen abspielt, damit man sowas kreiert? Ich finde es unfassbar traurig. Ich habe mir noch in ein paar der anderen Songs reingehört und da erkennt man dann auch mal eine Art Melodie und kann teilweise die Texte verstehen, aber überallem schwebt diese fast schon selbstzerstörerische Hoffnunglosigkeit, Dunkelheit, Aggression und Angst. Dabei hat die Sprache Musik soviel zu bieten, ich hoffe nicht, dass die Musik das Leben der dieser Menschen ansatzweise reflektiert.

Ich buche jetzt erstmal nen Termin beim Therapeuten um eine evtl. posttraumatische Belastungsstörung auszuschließen. Uff...
:kopf_kratz01:
Spannender Beitrag, Rolli, danke dafür! :thumbsup03:

Ich denke, dunkle Themen waren in der Musik doch schon immer präsent; siehe, bzw. höre z.B. Beethovens Fünfte, Schuberts Unvollendete oder Klagegesang, wie er im Fado oder, moderner, im Blues stattfindet; Schwermut und Abgründigkeit werden hier eben zeitgemäß und plastisch, (nach)fühlbar und leidenschaftlich ausgedrückt.

Daher ist das für mich auch nicht wirklich "neu"; all das gab es schon immer und wird es hoffentlich auch immer geben, solange Menschen ihre Gefühle musikalisch artikulieren. Ich erkenne hier überdies sehr viel Melodie und Harmonie, viele der Songs (z.B. "Bloom") wären auch in einem Akustik-Gitarren-Gewand mit "Schöngesang" problemfrei möglich.

Darüber hinaus: Aggressionen rauszulassen, ihnen ein Ventil zu geben, damit der Kessel nicht platzt, ist aus meiner Sicht sehr wichtig. Diese Jungs haben was zu sagen und holen Menschen ab; belanglose Musik ohne echte Tiefe und Bedeutung gibt es m.E. schon genug.

Ich hoffe, Du bist mir nicht grimm, wenn ich sage, dass ich z.B. mit Deiner Musik wenig bis gar nichts anfangen kann, was auch schon bei der Produktion selbst beginnt; ich habe für mich immer das Gefühl, das ist "nur" Handwerk und für mich eben keine Kunst, keine Aussage. Für viele, die Dir hier im Board auf Deine Musik antworten, ist es hingegen ganz klar künstlerisch sehr wertvoll, berührend und wunderschön (was mich unheimlich freut!!!), was ich natürlich wahr nehme; für mich belanglos und im Vergleich mit Paddys Musik, wie sich das Photo einer Sommerwiese mit blauem Himmel zu einem abstrakten Gemälde à la Kandinsky oder auch Picasso verhält, die mir Herausforderungen sind und zum Denken wie Erfühlen anregen, mir die Kommunikation mit dem Künster selbst ermöglichen, auch wenn dieser schon lange tot sein sollte.

Damit mag ich Dich selbstversäntlich nicht ärgern, provozieren oder vor den Kopf stoßen, sondern aufweisen, was für ein weites Feld die Musik ist, die in ihrem gesamten Spektrum in den seltensten Fällen jedermenschen Geschmack sein kann; daher finde ich es wichtig und interessant, darüber zu reden, seinen eigenen Standpunkt, das eigene Erleben darzulegen, damit man durch die Augen, bzw. Ohren des anderen eine Perspektive erhält, die man nicht aus dem eigenen Standpunkt hätte erreichen können.

Wertvoll ist das m.E. alles, solange es für Menschen Relevanz hat und Mittel ihres Ausdrucks ist, auch wenn man das in manch einem Fall eben nicht persönlich nachvollziehen kann. :thumbs:

Ich finde jedenfalls, dass man sich um Leute, die ihren Gefühlen so Ausdruck verleihen, weniger Sorgen machen muss als um Rex Gildo oder Roy Black, die in ihrem musikalischen Schaffen traurigerweise tatsächlich gefangen waren.

Herzliche Grüße,

Batz. :prost:
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tommy
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Re: Die jungen Wilden: Ein paar Gedanken und Erkenntnisse

Beitrag von tommy » Freitag 12. März 2021, 12:20

Batz Benzer hat geschrieben:
Freitag 12. März 2021, 11:30
Magman hat geschrieben:
Freitag 12. März 2021, 07:53
Moin Tommy,

also ich kann mir vorstellen das man wohl verdammt gute Ohren braucht, um diese Art von Musik gescheit abzumischen. Da passiert halt dermaßen viel im gleichen Klangspektrum - sprich immer alles auf die 12 und nach vorne. Ich glaube das kann auch nicht jeder der an den Fadern zieht.

Zur Musik kann ich sagen: Das was ich hörte ist geil gespielt und auch echt geil gemischt - vor allem das Drum! Es ist aber meines Erachtens auch nichts absolut Neues,
Tommy hatte ja schon einmal Musik von Paddys Band gepostet; da habe ich so ziemlich dasselbe geschrieben: Hier sind Profis am Werk, die ihre Frequenzen kennen! :pray01:

Lieben Gruß,

Batz.
Zum Produktionsprozess öffentlicher Songs:

Die Songs werden von Paddy und seinem Leadgitarristen Silvan im Overdubverfahren hochwertig aufgenommen. Hierbei werden die Gitarren hauptsächlich von den beiden gespielt. Dazu kommen die Leadvocals von Paddy und die Backingvocals von Silvan. Drums, Bass und Synthsounds werden von Paddy aus der DAW generiert.

Alle Spuren werden dann vorproduziert, um den Spirit der Band vorzugeben.
Das Ergebnis geht dann zu einem Studiomenschen in Australien, der Endmix und Master erstellt.

Auf meine Frage, ob der Zweitgitarrist, der Basser und der Drummer nicht angepisst seien, nicht beteiligt zu sein meinte Paddy, dass nur das Ergebnis zähle und alle damit einverstanden seien. Komische Welt :kopf_kratz01: .

An einem Strang ziehen dann wieder alle begeistert beim Live Gig. Trotz Corona bleiben trotzdem alle am Ball. Sie sind halt auch wirklich fette Buddys!
LG, Tommy


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Re: Die jungen Wilden: Ein paar Gedanken und Erkenntnisse

Beitrag von akustikgitarrist » Freitag 12. März 2021, 12:21

@Batz: Kein Problem, ich kann mit meiner Musik auch nix anfangen. Ich mach sie halt nur :)
Mich verwundert nur diese Auschliesslichkeit zum Düsteren. Hör dir mal genau Ludwigs Fünfte an, da wirst Du mehr Hoffnung und Licht finden, als Düsteres, welche ja fast nur durch das Thema manifestiert ist. Aber lassen wir das. Ich wollte jetzt nicht gleich eine Analyse der Musik diverser Protagonisten lostreten. Mea culpa...
Herzliche Grüße,
Rolli
Meine Musik bekommt man
hier oder auch hier.
Und sie ist sehr schön. :D

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Re: Die jungen Wilden: Ein paar Gedanken und Erkenntnisse

Beitrag von Batz Benzer » Freitag 12. März 2021, 12:27

Ich erkenne diese Hoffnung tatsächlich auch in diesen Werken, die harmonisch-melodiöse Öffnung, die meist im Refrain statt findet.

Aber auch Kafka, wo nun wirklich jede Hoffnung fehlt, ist ja wertvoll und ein starker Ausdruck. Entspricht aber natürlich nicht jedermenschen Lebensgefühl. ;)

Bitte nicht entschuldigen: Deine Sichweise hat mich extrem bereichert, Rolli, für mich ist diese Form der Auseinandersetzung, dieser Austausch von Standpunkten das tatsächlich Wertvolle; nochmal danke dafür!!! :prost:
akustikgitarrist hat geschrieben:
Freitag 12. März 2021, 12:21
@Batz: Kein Problem, ich kann mit meiner Musik auch nix anfangen. Ich mach sie halt nur :)
Das ist übrigens ein geiler Satz! :thumbsup03:

Ich musste spontan daran denken, dass Ozzy niemals den Black Metal erfinden, sondern Musik wie die Beatles machen wollte; man muss dennoch seinem eigenen Ausdruck folgen, auch wenn das originäre Ansinnen vielleicht ein anderes war. :D
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Re: Die jungen Wilden: Ein paar Gedanken und Erkenntnisse

Beitrag von Wizard » Freitag 12. März 2021, 12:30

Gut, dass wir alle unterschiedlich sind! :thumbsup03:

Jeden Tag lese ich hier Dinge, die ich exakt genau so sehe - und jeden Tag auch wiederum das genaue Gegenteil. So muß das aber.
Das erhält die Spannung, so wie laut/leise oder schnell/langsam anstatt dumm/dümmer/am dümmsten! :mrgreen:

Und es passt doch: Rolli verkörpert für mich in diesem Forum die eine Seite, Tommys Sohn exakt die andere Seite. Dazwischen sind wir.
Gruß Peter

immer noch aktuell: >>> leben und leben lassen <<<

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akustikgitarrist
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Re: Die jungen Wilden: Ein paar Gedanken und Erkenntnisse

Beitrag von akustikgitarrist » Freitag 12. März 2021, 12:31

tommy hat geschrieben:
Freitag 12. März 2021, 11:58
Magman hat geschrieben:
Freitag 12. März 2021, 11:10
Tommy siehst du denn meinen Beitrag nicht? :roll:
Anschließend musste ich Staubsaugen. :evil: :mrgreen:


:prost:
F*ck, total vergessen. Meine Holde kommt morgen heim, da muss ich auch noch mal ran.
Danke für's Erinnern!
Herzliche Grüße,
Rolli
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hier oder auch hier.
Und sie ist sehr schön. :D

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Re: Die jungen Wilden: Ein paar Gedanken und Erkenntnisse

Beitrag von Diet » Freitag 12. März 2021, 12:37

Batz Benzer hat geschrieben:
Freitag 12. März 2021, 12:13
Aggressionen rauszulassen, ihnen ein Ventil zu geben, damit der Kessel nicht platzt, ist aus meiner Sicht sehr wichtig. Diese Jungs haben was zu sagen und holen Menschen ab;

Batz. :prost:

Allerdings :thumbsup02:

Jeder ist ja anders gestrickt.
Ich kann von mir aber sagen, dass ich in der Musik Aggression, volle Kante und Druck ab und zu regelrecht brauche!
Es gibt Momente, da weiß ich ganz genau, dass es mir nach eine Ballade schlechter, nach z.B. einer Motörhead Breitseite
aber auf jeden Fall besser geht.
Als Hörer.
Beim Machen und Produzieren von Musik ist es für mich ähnlich. Es gibt Tage, da könnte ich unmöglich eine Ballade einspielen
oder auch Mischen, da muss es dann Krachen.
Und es gibt eben auch die Tage, da ist es genau anders herum.

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Re: Die jungen Wilden: Ein paar Gedanken und Erkenntnisse

Beitrag von Batz Benzer » Freitag 12. März 2021, 12:41

Ich schaue deswegen z.B. gerne Dystopisches und Horrorfilme; danach kann ich den "Horror des Alltags" viiieeel besser wegstecken und bin dankbar für die relative Normalität. :prost:
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